Ungefähr die Hälfte aller Menschen mit Krebs sucht Hilfe in der Alternativ- oder Komplementärmedizin. Sie wollen selbst zum Erfolg der Therapie beitragen, Nebenwirkungen abmildern, sich besser fühlen oder etwas gegen die Beschwerden ihrer Krebserkrankung tun. Bei Lungenkrebs setzt jeder Vierte auf diese Behandlungsmethoden.
Recht beliebt sind Heilkräuter, spezielle Tees, Homöopathie und spirituelle Therapien, wie eine Umfrage zeigt. Die Hoffnung, Beschwerden zu lindern oder gar die Erkrankung selbst zu heilen, sind groß. Ein kritischer Blick ist trotzdem wichtig.
Komplementärmedizin oder Alternativmedizin – was ist der Unterschied?
Zum Hintergrund: Oft bezeichnen Menschen, die sich nach komplementären oder alternativen Therapien umsehen, die übliche Behandlung als „Schulmedizin“: ein Begriff, den viele Ärztinnen und Ärzte nicht gern hören. Gemeint ist vielmehr die Medizin, die auf rein wissenschaftlichen Prinzipien basiert.
Zur Komplementärmedizin bei Lungenkrebs gehören Therapien, die zusätzlich zur konventionellen medizinischen Behandlung verwendet werden, um beispielsweise Symptome zu lindern oder Nebenwirkungen einer Chemotherapie abzuschwächen. Sie ergänzen klassische Therapien, ohne sie zu ersetzen. Komplementärmedizin sollten Sie generell in Absprache mit Ihrer Ärztin oder mit Ihrem Arzt einsetzen. Solche Verfahren können im Einzelfall – aber nicht generell – sinnvoll sein.
Im Unterschied dazu soll die Alternativmedizin bei Lungenkrebs übliche Verfahren der wissenschaftlich orientierten Medizin ersetzen. Allerdings fehlen bislang hochwertige Beweise, dass solche Verfahren zum Erfolg führen.
Informieren Sie unbedingt Ihre Ärztin oder Ihren Arzt, falls Sie vorhaben, Ihre Therapie abzubrechen.
Das ist leider nicht selbstverständlich. Von allen Menschen, die sich für die Komplementär- oder Alternativmedizin entschieden haben, spricht jeder Dritte nicht mit den Behandler*innen. Ohne wissenschaftlich basierte Therapie kann die Krebserkrankung schnell voranschreiten.
Komplementärmedizin oder Alternativmedizin bei Lungenkrebs – die Verfahren
In den vergangenen Jahren und Jahrzehnten haben Forschende zahlreiche Methoden untersucht. Ergebnis: Keine von ihnen kann die wissenschaftlich basierte Krebsmedizin ersetzen (Alternativmedizin). Einzelne Verfahren bieten sich nach Rücksprache mit der Ärztin oder dem Arzt als mögliche Ergänzung an (Komplementärmedizin).
Akupunktur bei Lungenkrebs: Einige Studien liefern Hinweise, dass Akupunktur zur Linderung von Nebenwirkungen der Krebstherapie wie Übelkeit, Erbrechen und Schmerzen beitragen kann. Auch bei Fatigue oder Ein- und Durchschlafstörungen in Zusammenhang mit der Krebserkrankung kann sich ein Versuch lohnen.
Misteltherapie: Diese Form der Therapie wird in einigen Ländern als unterstützende Maßnahme bei Krebs eingesetzt – bei widersprüchlicher Datenlage. Aus Studien lässt sich keine generelle Empfehlung ableiten.
Aromatherapie: Verschiedene Düfte sollen dazu beitragen, bei Menschen mit Krebs Schmerzen und Angstzustände zu lindern. Die Datenlage hierzu ist eher schlecht.
Spirituelle Heilung und Energiearbeit: Einige Menschen suchen nach alternativen Heilungsmethoden wie spirituelle Heilung, Reiki oder anderen Formen der Energiearbeit, um bei Lungenkrebs das Wohlbefinden zu verbessern. Solche Ansätze basieren auf dem Glauben an die Existenz einer Lebenskraft oder eines spirituellen Energiefeldes. Derzeit gibt es kaum Daten, um zu entscheiden, welchen Nutzen die Methoden bei Lungenkrebs tatsächlich bringen.
Yoga: Studien liefern Hinweise, dass Yoga bei Patientinnen und Patienten mit Krebs die Lebensqualität verbessern könnte. Damit scheint Yoga ärztliche Behandlungen zu unterstützen, ohne sie zu ersetzen.
Homöopathie: Homöopathische Präparate sind (auch) bei Lungenkrebs recht beliebt. Die Gefahr: Manche Patientinnen und Patienten denken, es handle sich um Arzneimittel mit Prüfung und Zulassung wie bei normalen Medikamenten, was so nicht stimmt. Derzeit gibt es keine Studien, die einen Nutzen der Homöopathie bei Lungenkrebs belegen.
Nahrungsergänzungsmittel: Zur Unterstützung von Patientinnen und Patienten mit Lungenkrebs gibt es zahlreiche Supplemente unterschiedlichster Zusammensetzung auf dem Markt. Mögliche Effekte hat bislang noch keine wissenschaftliche Studie an den Tag gebracht. Harmlos sind Nahrungsergänzungsmittel für Menschen mit Lungenkrebs nicht immer – denn manche Mikronährstoffe können Krebstherapien beeinträchtigen.
TCM: Die traditionelle chinesische Medizin (TCM) umfasst eine Vielzahl an pflanzlichen und tierischen Produkten. Zwar deuten Studien darauf hin, dass manche Inhaltsstoffe eine gewisse Wirkung bei Lungenkrebs haben. Oft handelt es sich jedoch um Daten aus Zellkulturen, aus Tierexperimenten oder aus Studien mit sehr wenigen Patientinnen und Patienten. Die TCM ist keine Alternative zur wissenschaftlichen Krebstherapie.
Kunsttherapie: Zum Nutzen der anthroposophischen Kunsttherapie liegen derzeit zu wenige Daten vor, um zu entscheiden, ob sie – wie angepriesen – gegen Angst und Depressivität bei Krebs wirksam ist.
Klassische Naturheilverfahren: Zu den klassischen Naturheilverfahren gehören die Phytotherapie, Hydrotherapie, Ernährungstherapie, Bewegungstherapie und Ordnungstherapie (ein Verfahren zur Strukturierung der äußeren und inneren Ordnung). Bei Krebs wird mitunter die Hydrotherapie (Wasserheilkunde) und die Balneotherapie (Bädertherapie) empfohlen. Methodisch hochwertige Daten zur Wirksamkeit fehlen bislang.
Wann ist Vorsicht geboten?
Empfehlen Anbieter Methoden, die angeblich Lungenkrebs heilen, sollten Sie hellhörig werden. Denn das ist unrealistisch. Auch exorbitant hohe Preise sollten Sie stutzig machen. Bei Präparaten, die aus dem Ausland importiert werden, besteht die Gefahr, dass deutsche Behörden umgangen werden, die – aufgrund möglicher Gefahren – vielleicht Bedenken gegen die Methode haben.
Wichtig: Bei allen komplementären Medikamenten und Nahrungsergänzungsmitteln sollten Sie Ihre behandelnden Ärztinnen und Ärzte konsultieren, denn einige (auch ansonsten harmlose) Substanzen können durch Wechselwirkungen die Wirkung der Krebstherapie verändern.