Behandlung von Darmkrebs

Dickdarmkrebs: Welche neuen Therapien gibt es beim Kolonkarzinom?

Viele Darmkrebs-Patient:innen fragen sich, welche Möglichkeiten es für sie neben Chemotherapien oder Operationen gibt. In der Praxis haben sich einige neuere Therapien bewährt. Um welche es sich handelt, was sie leisten und welche Einschränkungen es gibt, erfahren Sie hier. 

Von Katarina Flanagan 16.09.2024 · 09 Uhr
Krebszellen unter dem Mikroskop | © AdobeStock-267117635
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Zwar stehen bei Dickdarmkrebs(Kolonkarzinom​​​​​) immer noch chirurgische Eingriffe und Chemotherapien mit lang bekannten Wirkstoffen, oft als Kombination, an erster Stelle. Inzwischen hat die moderne Forschung Wirkstoffe hervorgebracht, die sich noch wesentlich gezielter gegen Krebsgewebe richten und gesundes schonen: Zielgerichtete Therapie und Immuntherapie heißen die zwei neuen, innovativen Ansätze. Was Sie darüber wissen sollten. 

Was die neuen Therapien bringen

Vieles ist noch in Erprobung, doch einige dieser innovativen Substanzen sind bei metastasierendem Kolonkarzinom (Stadium 4) in Kombination mit Chemotherapeutika schon etabliert. Behandelnde können sie teils auch einsetzen, falls eine Chemotherapie ausscheidet oder nicht den gewünschten Erfolg gebracht hat. 

Mit Tests, ob bestimmte Veränderungen im Erbgut (Mutationen) vorliegen, prüfen Ärztinnen oder Ärzte früh, wie aussichtsreich die verschiedenen Optionen sind. Beide Prinzipien scheinen Vorteile gegenüber der Chemotherapie zu bringen, aber auch neue Risiken.

Die wichtigsten zielgerichteten Therapien

Unter zielgerichteter Therapie verstehen Fachleute Moleküle, die ganz bestimmte Vorgänge beim Wachstum des Krebsgewebes beeinträchtigen. Jeder dieser Wirkstoffe hat einen spezifischen Angriffspunkt im Zellinneren oder Zelläußeren.

Zur Behandlung des fortgeschrittenen kolorektalen Karzinoms zugelassen sind mehrere zielgerichtete Wirkstoffe, unter anderem

  •     Bevacizumab,          
  •     Ramucirumab,          
  •     Cetuximab     
  •     Panitumumab
  •     Aflibercept

Fast alle haben eine Zulassung nur als Kombinationspartner mit Zytostatika oder nach einem erfolglosen Standard-Chemotherapie-Regime. Noch gelten sie als Reservemedikation.

Mit Arzneistoffen den Tumor "aushungern"

Krebsgeschwüre können ihr typisches ungebremstes Wachstum nur fortsetzen, wenn sie genügend mit Sauerstoff und mit Nährstoffen versorgt sind. Tumore setzen daher vermehrt bestimmte Wachstumsfaktoren frei, um eigene Blutgefäße ausbilden zu können (Angiogenese).

Ein solcher Wachstumsfaktor zur Gefäßbildung (Angiogenese) ist VEGF (Vascular Endothelial Growth Factor). Andockstellen (VEGF-Rezeptoren) auf der Zelloberfläche leiten das Wachstumssignal in die Zelle weiter.

Aflibercept, Bevacizumab und Ramucirumab

Das Medikament Bevacizumab koppelt sich als VEGF-Hemmer fest an den Signalstoff, macht ihn funktionslos und unterbindet damit die Angiogenese. Der Dickdarmkrebs bildet sich oft zurück, und die Lebensspanne kann sich nachweislich verlängern. Mögliche Nebenwirkungen sind Bluthochdruck, eiweißhaltiger Urin (Proteinurie) oder seltener ein Darmdurchbruch.

Aflibercept setzt sich aus den Teilen eines Antikörpers und zweier VEGF-Rezeptoren zusammen. Damit fungiert es gewissermaßen als „doppelter“ VEGF-Hemmer. Aflibercept kann Bluthochdruck, Blutungen, Embolien oder Proteinurie mit sich bringen.

Ramucirumab gehört zu den VEGF-Rezeptor-Blockern: Dieser Antikörper besetzt eine der Bindestellen für den Gefäß-Wachstumsfaktor, den VEGF-Rezeptor Typ 2 (VEGFR-2), sodass das Wachstumssignal nicht weitergereicht werden kann. Zu den relevanten Nebenwirkungen zählen ein Mangel an bestimmten Immunzellen (Neutropenie) und Bluthochdruck.

Cetuximab und Panitumumab

Bei sieben von zehn Darmkrebskranken finden sich im Tumor ausgesprochen große Mengen an Rezeptoren für den Haut-Wachstumsfaktor EGF (Epidermal Growth Factor). Cetuximab ist in der Lage, diese Bindungsstellen (EGF-Rezeptor, EGFR) dauerhaft zu blockieren. Das Krebswachstum wird gestoppt und Darmkrebszellen sterben ab.

Der EGFR-Blocker Cetuximab hilft in Kombination mit Chemotherapie, jedoch ist auch eine Monotherapie zulässig. Damit er wirken kann, dürfen die Krebszellen allerdings keine Mutation an einem Gen für das spezielle Protein K-RAS aufweisen. Häufigere Cetuximab-Nebenwirkungen sind akneartige Hautentzündungen und grippeähnliche Infusionsreaktionen.

Der verwandte Antikörper Panitumumab basiert im Gegensatz zu Cetuximab allein auf menschlichen Proteinen und ist daher verträglicher. Panitumumab darf zulassungsgemäß erst nach einer gescheiterten Chemotherapie zum Einsatz kommen und der Tumor sollte auch hier frei von K-RAS-Mutationen sein.

Immuntherapie bei Darmkrebs – noch die Ausnahme

Erst 2021 erhielt der erste Immun-Wirkstoff die europäische Zulassung auch für das Kolonkarzinom: Pembrolizumab. Doch es gelten bestimmte Einschränkungen: Der Checkpoint-Blocker darf als Ersttherapie nur bei metastasierendem Dickdarmkrebs (Stadium 4) und wenn in den Tumoren zugleich das Reparatursystem für Genmutationen defekt ist, zum Einsatz kommen.

Diese Substanz richtet sich gegen das sogenannte PD-1-Protein, ein Eiweiß auf Zelloberflächen. PD-1 (Programmed Cell Death Protein 1) reguliert normalerweise den programmierten Zelltod und unterdrückt zu starke Immunreaktionen. Krebszellen manipulieren solche Regelkreise, wodurch sie unbehelligt bleiben.

PD-1-Hemmer heben diese Blockade teilweise auf, sodass zuvor „blinde“ körpereigene Abwehrzellen, T-Zellen, sich nun gegen den Tumor richten. Ein ausgesprochen wirksames Prinzip, aber leider nur fallweise – mit dem Risiko überschießender Immunaktivität und heftigen Entzündungen als Nebenwirkungen.

Zusammenfassung Die neuen Behandlungsmöglichkeiten der zielgerichteten Therapie – und der Immuntherapie – erweitern die Palette bei fortgeschrittenem Dickdarmkrebs. Noch sind sie eher eine Ergänzung oder Ausweichoption zur Chemotherapie. Doch mit ihnen steigen die Chancen auf Besserung, in jedem Fall aber auf eine maßgeschneiderte und verträglichere Therapie. Entscheidend ist, dass Ihr Behandlungsteam bereits Erfahrung hat.

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