Der Dickdarmkrebs ist weit fortgeschritten: Stadium IV. Er hat gestreut und die Tochtertumoren sind nicht mehr vollständig zu entfernen. Aus ärztlicher Sicht bestehen keine Aussichten mehr auf Heilung. Wenn Sie vor diesen Tatsachen stehen, ändert sich schlagartig die Lebensperspektive und der Schock sitzt zunächst tief.
Zwar kann niemand bei Darmkrebs mit Metastasen die Lebenserwartung vorhersagen, aber die verbleibende Lebenszeit lässt sich lebenswert gestalten. Palliativmedizin und Psychoonkologie haben sich darauf spezialisiert, Sie dabei zu unterstützen.
Wie die Palliativbehandlung abläuft
Oberstes Ziel der palliativen Therapie bei Darmkrebs ist es, die Lebensqualität zu erhalten oder zu verbessern – möglichst lange und mit all ihren Facetten. Viele körperliche, seelische, soziale und auch spirituelle Faktoren tragen dazu bei. Den Leitlinien folgend werden die Ärztinnen und Ärzte immer alle medizinischen Möglichkeiten prüfen und anbieten, sie auszuschöpfen.
Welche Strategie jetzt die beste ist, wägt das interdisziplinäre Team inklusive Palliativmediziner:innen gemeinsam mit den Betroffenen ab. Bei Kolonkarzinomen in Stadium IV spielen die Darmfunktion und die Durchgängigkeit sowie die Tochtertumoren wichtige Hauptrollen. Darmkrebs-Metastasen siedeln sich am häufigsten in der Leber an, darauf in den Lungen, in anderen Organen oder im Bauchfell (Peritoneum).
Eine Krebstherapie ist weiterhin sinnvoll
Der Darmkrebs und seine Metastasen mögen ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr restlos entfernbar sein. Zudem ist jede Krebstherapie eine zusätzliche Belastung mit Nebenwirkungen. Trotzdem kann es Betroffenen in sonst gutem Allgemeinzustand Erleichterung verschaffen, das weitere Krebswachstum aufzuhalten. Etwa dann, wenn der Krebs sich rasant ausbreitet oder die bösartigen Geschwulste schnell wachsen.
OPs bei fortgeschrittenem Darmkrebs
Manchmal kann eine OP, eine chirurgische Tumorresektion, den Leber- oder Lungen-Tochtertumoren vorübergehend Einhalt gebieten. Auch wiederholte Infusionen mit Zytostatika sind oft in der Lage, sie in Schach zu halten. Erwiesenermaßen erhöht eine palliative Chemotherapie bei Darmkrebs die Lebenserwartung.
Arzneimittel bei fortgeschrittenem Darmkrebs
Unterstützung kann sie in Kombination mit neuen, zielgerichteten Medikamenten finden: Angiogenese-Hemmer bremsen die tumoreigene Blutversorgung und Wachstumsrezeptor-Blocker hemmen das bösartige Wachstum. Letztere dürfen auch ohne Chemotherapie bei Darmkrebs zum Einsatz kommen. Bestrahlung oder eine kombinierte Chemo- und Strahlentherapie bei Darmkrebs des Kolons bringen eher keinen Nutzen, allenfalls bei Enddarmkrebs.
Strategien der palliativen Behandlung
Die grundlegenden Kriterien für die palliativen Strategieentscheidungen sind:
- der Allgemeinzustand und die Frage, ob eine intensive (Chemo-)Therapie verkraftbar ist
- die Molekularbiologie des Tumors: bestimmte Mutationen, die neue Therapieoptionen ermöglichen oder ausschließen
- der bisherige Krankheitsverlauf
- das Ansprechen und die Folgen einer vorausgegangenen Erst- oder Zweitlinientherapie
- und natürlich die psychische Verfassung und der Wille der Patientin oder des Patienten
Beschwerden lindern und das Leben erleichtern
Dickdarmkrebs samt Metastasen verursacht oft quälende Symptome bis akut lebensgefährliche Komplikationen. Die palliative Therapie widmet sich speziell den Beschwerden durch Krebs:
- So kann eine Operation einen drohenden tumorbedingten Darmverschluss (Ileus) verhindern. Auch Vereisung (Kryotherapie) oder Laserbehandlung stellen hier Optionen dar, mit denen sich außerdem Blutungen stoppen lassen.
- Magen-Darm-Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen und Verstopfung sind gut symptomatisch behandelbar.
- Gegen die häufige Atemnot helfen vorrangig Opioide wie Morphin.
- Tumorschmerzen lassen sich in allen Schweregraden (Schmerzstufen I bis III) nahezu immer nehmen. Wirksame Schmerzmittel reichen – parallel zu den Schmerzstufen – von den gebräuchlichen Analgetika jeder Hausapotheke über schwache Opioide und Kombinationen aus beiden bis zu starken Opioiden. Eine Strahlentherapie kann manche Knochenschmerzen lindern.
- Bei krebs- oder therapiebedingter Blutarmut und Fatigue (Abgeschlagenheit und Schwäche) helfen einige Medikamente, eventuell Bluttransfusionen und gezieltes körperliches Training.
Ambulante und stationäre Palliativversorgung
Doch wer ist dafür zuständig? Die palliativmedizinische Versorgung begleitet Darmkrebs-Betroffene im Endstadium so lange, wie sie laut ärztlicher Bescheinigung Linderung und Pflege brauchen. Sie findet statt in einer Palliativstation, einem Pflegeheim oder nach Verordnung ambulant zu Hause über ein regionales Palliativ-Care- (PCT) oder SAPV-Team (Spezialisierte ambulante Palliativversorgung).
Beratung erhalten Sie außer bei den Ärztinnen unter anderem beim Klinik-Sozialdienst und der Krankenversicherung. Auch im Internet gibt es Informationen über Palliativmedizin und anschließende Hospizdienste.
Mit der Psychoonkologie seelische Beschwerden mildern
Wenig überraschend belastet eine schwere Krebserkrankung auch die Psyche enorm. Ängste, Sorgen oder Depressionen können sich wiederum auf die körperliche Verfassung auswirken, mal mehr, mal weniger ausgeprägt. Das gesamte palliative Behandlungsteam weiß darum und achtet auch auf die psychische Gesundheit seiner Patient:innen.
Speziell ausgebildete Fachkräfte für Psychoonkologie sind darauf fokussiert und helfen, die seelischen Belastungen zu meistern, oder behandeln sie – psychotherapeutisch oder auch medikamentös. Sie sind auch Ansprechpersonen bei sozialen familiären Problemen: Manches will mit Angehörigen noch geklärt sein und fällt bisweilen schwer.