Krebskranken Kraft geben

Krebs in der Familie: Wie gehe ich mit der Krankheit eines Angehörigen um?

Eine Krebsdiagnose verändert das Leben auf einen Schlag. Nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für Sie als Angehörige. Sie fragen sich vermutlich: Wie kann ich meinem krebskranken Familienmitglied helfen? Dabei sollten Sie auch sich selbst nicht aus dem Blick verlieren.

Von Justine Holzwarth 26.10.2023 · 09:03 Uhr
Zwei Männer umarmen sich | © AdobeStock_212449622
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Erkrankt ein nahestehender Mensch an Krebs, ist der Schock groß. Sie werden mit verschiedenen Gefühlen konfrontiert, die Sie zunächst einmal verarbeiten müssen: Hilflosigkeit und Wut überrumpeln Sie genauso wie Sorge und Trauer. Das ist nicht immer leicht, und doch wollen Sie dem oder der Krebskranken Kraft geben. Wichtig dabei: Verlieren Sie in der neuen Realität nicht das Bewusstsein für Ihre eigenen Bedürfnisse. Denn nur wenn es Ihnen gut geht, können Sie ein Mutmacher für Krebskranke sein.

Tipps für Angehörige von Krebspatienten

Wenn ein nahestehender Mensch an Krebs erkrankt, möchten Sie für diese Person natürlich eine Stütze sein. Machen Sie sich dabei klar, dass manchmal schon eine Umarmung oder eine kleine Berührung ausreicht, um dem Krebskranken Kraft zu geben. Es müssen nicht immer tröstende Worte sein, die häufig schwer zu finden sind.

Was sagt man zu einem Krebskranken?

Wenn Sie Betroffenen nach der Diagnose zum ersten Mal begegnen, werden Sie vermutlich unsicher sein und nach den richtigen Worten suchen. Was ist richtig, was falsch und was sollten Sie besser nicht aussprechen? Fehl am Platz sind vor allem gut gemeinte Ratschläge und Motivationssprüche, die eher nach Plattitüden klingen,  wie „Nicht aufgeben“ oder „Das wird schon wieder“. Auch falsche Komplimente wie „Man sieht Dir die Krankheit gar nicht an“ oder „Du siehst ja toll aus“ bewirken eher das Gegenteil – auch, weil sie die Krankheit verharmlosen. Äußern Sie auch kein Mitleid oder Bedauern, denn dieses in Worte zu fassen ist mehr als schwierig.

Ehrlichkeit ist das Beste, wenn Sie mit Krebskranken sprechen. Sprechen Sie aus, dass Sie nicht wissen, was Sie sagen sollen oder Angst haben, etwas Falsches zu sagen – und dass Sie der betroffenen Person zur Seite stehen wollen. Wenn es sich um Bekannte oder Freunde handelt, überlegen Sie, ob Sie ein konkretes Hilfsangebot machen können, etwa die Kinder von der Schule abzuholen, wenn es nötig sein sollte, oder im Haushalt helfen. Damit drücken Sie aus, dass der- oder diejenige auf Sie zählen kann und Sie versuchen, sich in Ihr Gegenüber zu versetzen.

Dabei sollten Sie sich darüber im Klaren sein, dass auch die Betroffenen sich meistens Sorgen um enge Angehörige machen. Sie fragen sich vielleicht, wie andere Familienmitglieder im Alltag klarkommen werden oder mit ihren Ängsten umgehen. Deswegen sollten Sie nicht davor zurückscheuen, Ihre eigenen Sorgen und Nöte anzusprechen, wenn es in der Situation passend erscheint.

Suchen Sie immer wieder das Gespräch

Gerade Freunde und Bekannte, die nicht ganz eng mit den Betroffenen verbunden sind, befürchten oftmals, dass sie die erkrankte Person „nerven“ könnten, wenn sie die Erkrankung immer wieder ansprechen. Es hängt von Ihrem individuellen Verhältnis ab, ob Sie die krebskranke Person konkret auf Sorgen ansprechen sollten.

Ein guter Mittelweg kann es sein, über praktische Angebote guten Kontakt zu halten und zu signalisieren, dass Sie eine Unterstützung sind: „Soll ich dir etwas aus der Stadt mitbringen?“ Versuchen Sie außerdem, Betroffene dazu zu motivieren, gemeinsame Aktivitäten fortzuführen, etwa regelmäßige Treffen. Schlagen Sie gegebenenfalls vor, diese anzupassen: „Wollen wir zusammen spazieren gehen, wenn du gerade nicht joggen kannst?“

Zeigen Sie Verständnis für Emotionen der Betroffenen

Eine Krebserkrankung ist eine große Belastung für die Psyche und den Körper. Zu verständlichen Ängsten kommen meistens die Nebenwirkungen der Therapien. Das können beispielsweise Schmerzen, Übelkeit, Haarausfall und Erschöpfung sein. Mitunter kommen psychische Beschwerden wie Depressionen und Stimmungsschwankungen hinzu. Das kann sich in Verhaltensänderungen äußern, die für Sie als Angehörige nicht immer einfach zu ertragen sind. Typische Merkmale sind unter anderem:

  • sozialer Rückzug
  • erhöhte Empfindsamkeit
  • Verweigerung von Hilfe
  • Verdrängung der Krankheit

Vielleicht reagiert der oder die Krebskranke auch aggressiv, wenn Sie Ihre Sorge äußern. Legen Sie daher nicht jedes Wort auf die Goldwaage und nehmen Sie nicht alles persönlich. Versuchen Sie, ruhig und geduldig zu bleiben. Gegebenenfalls sollten Sie sich an eine psychoonkologische Beratungsstelle wenden – auch für sich selbst. In Selbsthilfegruppen für Angehörige können Sie sich mit anderen darüber austauschen, wie sie mit schwierigen Situationen umgehen.

Angehörige sollten auch auf sich selbst achten

Bei einer Krebsdiagnose steht die betroffene Person natürlich im Mittelpunkt, aber auch für Angehörige ist die Situation in vielerlei Hinsicht sehr belastend. Umso wichtiger ist es, dass Sie einige Punkte beachten.

Informieren Sie sich über die Krebserkrankung: Eignen Sie sich so viel Wissen wie möglich über die Krebserkrankung und anstehende Therapien an. Das hilft in der Regel, mit Ängsten umzugehen. Umfassende Informationen erhalten Sie beispielsweise auf dieser Webseite oder bei den Krebsberatungsstellen. Wenn der oder die Betroffene es möchte, können Sie mit dem behandelnden Arzt sprechen und wichtige Fragen klären.

So können Sie Angehörige auch besser unterstützen, wenn die Therapie im häuslichen Umfeld stattfindet. Erinnern Sie beispielsweise ganz praktisch an die Medikamenteneinnahme.

Nehmen Sie Ihre eigenen Grenzen wahr: Sie wollen, dass es dem kranken Familienmitglied gut geht und kümmern sich in jeder freien Minute. Ihre eigenen Bedürfnisse stellen Sie vermutlich hinten an. Doch seien Sie vorsichtig und achten Sie auf mögliche Symptome, die auf eine Überforderung schließen können. Dies sind zum Beispiel:

  • Schlaflosigkeit
  • Gereiztheit
  • Nervosität
  • Kopfschmerzen

Diese Anzeichen sollten Sie ernst nehmen und einen Gang runterschalten. Pflegen Sie auch in dieser schwierigen Zeit Freundschaften und Hobbys und nehmen Sie Hilfe von anderen an. Denn nur wenn Sie sich regelmäßige Auszeiten nehmen und selbst ausgeglichen sind, können Sie ein Mutmacher für Krebskranke sein.

Hilfe für Angehörige von Krebskranken

Die psychische Belastung ist für Angehörige enorm hoch. Vermutlich wird auch Ihre Stimmung immer wieder schwanken und vielleicht kommen Sie irgendwann an Ihre persönlichen Grenzen. Gefühle wie Wut, Angst oder Hilflosigkeit sind normal. Lassen Sie sie zu.

Wenn Sie jedoch merken, dass Sie der Situation nicht mehr gewachsen sind, sollten Sie sich Hilfe holen. Das kann professionelle Unterstützung von Krebsberatungsstellen, Krankenhäusern, Universitäten oder Gesundheitsämtern sein, oder Hilfe von Freunden und Familienmitgliedern, die kleinere Aufgaben im Alltag übernehmen können. Auch der Austausch mit Gleichgesinnten in Selbsthilfegruppen kann eine Möglichkeit sein, Entlastung zu finden.

Zusammenfassung Angehörige sind für die erkrankte Person eine wichtige Stütze. Sie können dem oder der Krebskranken helfen, indem Sie Verständnis aufbringen und regelmäßig ein offenes Gespräch suchen, in dem Ängste, Sorgen und Wünsche thematisiert werden. Oft ist es für beide Seiten hilfreich, wenn Sie praktische Tätigkeiten übernehmen können, etwa im Haushalt. Für Sie persönlich ist es jedoch auch wichtig, dass Sie Ihre Gesundheit nicht außer Acht lassen und sich regelmäßige Auszeiten nehmen.

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