Zurück in den Beruf

Wiedereingliederung nach Krebs: Das sind Ihre Optionen

Schritt für Schritt zurück in die Normalität: Eine stufenweise berufliche Wiedereingliederung nach der Erkrankung ermöglicht es Krebspatient:innen, wieder im Job Fuß zu fassen – in ihrem eigenen Tempo. Es gibt verschiedene Varianten, am häufigsten ist das Hamburger Modell.

Von Julia Brandt 03.12.2024 · 12:51 Uhr
Ein Mann und eine Frau betrachten in einem Büroraum einen Tabletbildschirm. | © AdobeStock-305938477
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Das Gefühl, gebraucht zu werden, Kontakt zu den Kolleg:innen haben, endlich einmal nicht an den Krebs denken und dafür die Normalität des Alltags erleben: Es gibt viele Gründe, warum Sie nach einer Krebserkrankung vielleicht schnell wieder in den Job einsteigen möchten. Wenn Sie glauben und spüren, beruflichen Anforderungen teils wieder gewachsen zu sein, und Ihre Ärzt:innen grünes Licht geben, ist der Zeitpunkt richtig. Gut zu wissen ist, dass Sie nicht gleich wieder auf voller Kraft fahren müssen. Eine stufenweise Wiedereingliederung ermöglicht es, sich die Arbeitswelt Stück für Stück zurückzuerobern.

Bei der stufenweisen Wiedereingliederung erhöht sich die Arbeitsbelastung nach einem festgelegten Plan. Ihr:e Arbeitgeber:in rechnet während dieses Zeitraums nicht mit Ihrer vollen Arbeitskraft und muss daher auch kein Gehalt zahlen. Sie gelten weiterhin als arbeitsunfähig und erhalten in dieser Zeit entweder Kranken-, Verletzten- oder Übergangsgeld. Besonders bewährt hat sich die Wiedereingliederung in den Beruf nach dem sogenannten „Hamburger Modell“.

So läuft das Hamburger Modell ab

Wenn Sie planen, stufenweise wieder in den Job einzusteigen, besprechen Sie das am besten zuerst mit Ihren Ärzt:innen und mit dem Unternehmen, bei dem Sie beschäftigt sind. Ihr:e Arbeitgeber:in ist verpflichtet, Ihnen ein sogenanntes Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) anzubieten. Die Details sind aber nicht festgelegt. Sie müssen sich also gemeinsam auf einen Ablauf einigen, etwa auf einen Stufenplan, der die berufliche Wiedereingliederung detailliert regelt. Gibt es einen Betriebsrat, wird dieser in die Gespräche einbezogen.

Es wird zum Beispiel festgelegt, wann und wie viele Stunden Sie täglich arbeiten, wie lange die Maßnahme dauert und ob Sie in der Zeit der Wiedereingliederung nach dem Hamburger Modell ein Gehalt bekommen.

Sobald der Stufenplan ausgearbeitet ist, beantragen Sie die Wiedereingliederung bei der Kranken- oder Rentenversicherung. Die Reha-Träger müssen zustimmen, um zum Beispiel weiterhin die Zahlung von Leistungen wie Krankengeld zu übernehmen.

Hamburger Modell Beispiel: Inhalte für den Stufenplan

Die einzelnen Stufen werden schriftlich festgehalten, unter anderem mit:

  • dem Datum, von wann bis wann die jeweilige Stufe dauert
  • den Arbeitsaufgaben, die in dieser Stufe erfüllt werden
  • der wöchentlichen Arbeitszeit, die in dieser Stufe absolviert wird

Ein Stufenplan-Muster als Grundlage für die Durchführung des Hamburger Modells findet sich auf der Website der Kassenärztlichen Bundesvereinigung.

Für die Beschäftigten besteht keine Pflicht, an einer stufenweisen Wiedereingliederung teilzunehmen. Wenn Ihnen also zum Beispiel eine Eingliederung nach dem Hamburger Modell vorgeschlagen wird, liegt es an Ihnen, zu entscheiden, ob Sie das Angebot annehmen. Lehnen Sie ab, hat dies keine negativen Folgen für Ihre finanzielle Situation. Sie bekommen trotzdem weiter Kranken- oder Übergangsgeld gezahlt.

Das Hamburger Modell: Anspruch und Dauer

Unternehmen müssen Beschäftigten eine berufliche Wiedereingliederung nach einer Krankheit ermöglichen. Dass sie eine Wiedereingliederung speziell nach dem Hamburger Modell durchführen, ist für sie jedoch nicht verpflichtend. Als Arbeitnehmer:in müssen Sie daher eine Wiedereingliederung nach dem Hamburger Modell beantragen und die Zustimmung des Unternehmens abwarten.

Der Startschuss für eine Wiedereingliederung in den Beruf nach dem Hamburger Modell fällt ganz individuell. Der Zeitpunkt ist gut, wenn Sie zwar noch arbeitsunfähig, aber teilweise wieder belastbar sind und absehbar ist, dass Sie am Ende der Wiedereingliederung wieder voll im Job arbeiten können.

Genauso unterschiedlich ist die mögliche Dauer der Wiedereingliederung. Sie richtet sich individuell nach der Situation der Patient:innen. In der Regel geht die Maßnahme jedoch über einen Zeitraum von mehreren Wochen oder Monaten. Sollten Sie zum Beispiel feststellen, dass Sie sich übernommen haben, kann der Stufenplan auch angepasst werden. Solche Änderungen erfolgen in Rücksprache mit der Ärztin oder dem Arzt.

Die Dauer der Wiedereingliederung wird von Fall zu Fall festgelegt. Wichtig ist jedoch, dass über den gesamten Zeitraum des Wiedereinstiegs die Arbeitnehmer:innen noch nicht wieder voll arbeitsfähig sind. Denn das ist die Voraussetzung, um für den Zeitraum der Maßnahme finanzielle Leistungen wie Krankengeld zu erhalten.

Abbruch der stufenweisen Wiedereingliederung

Manchmal läuft es nicht so, wie geplant: Vielleicht geht es Ihnen im Verlauf der Wiedereingliederung nach dem Hamburger Modell schlechter oder betriebliche Gründe machen es unmöglich, sie fortzuführen. In welchen Fällen eine stufenweise Wiedereingliederung zum Abbruch kommt, legt ebenfalls der vereinbarte Stufenplan fest.

Wie es dann weitergeht, entscheiden Sie gemeinsam mit den anderen Beteiligten, Ihren Vorgesetzten, Ihren Ärzt:innen und dem Reha-Träger. Möglicherweise brauchen Sie eine weitere Rehabilitation, wollen eine zweite stufenweise Wiedereingliederung starten, oder es besteht keine baldige Aussicht auf Besserung, sodass eine Form von Rente infrage kommt.

Es gibt allerdings auch die Möglichkeit, die Eingliederungsmaßnahme vorzeitig zu beenden, weil Sie so fit sind, dass Sie bereits vor Ende des Programms wieder mit voller Kraft im Job loslegen möchten.

Praktische Tipps für die Wiedereingliederung

Ziel der Wiedereingliederung in den Beruf nach Ihrer Krankheit ist es, wieder voll im Berufsleben zu stehen. Diese Tipps helfen dabei, dieses Ziel zu erreichen:

  • Überfordern Sie sich nicht: Teilen Sie Ihre Kräfte gut ein, insbesondere in der ersten Zeit. Dadurch schaffen Sie es besser, wieder in den Job hineinzufinden und das Programm auch bis zum Ende durchzuziehen.
  • Schätzen Sie Ihre Belastbarkeit realistisch ein: Es ist möglich und in Ordnung, wenn Sie nicht sofort alle Aufgaben wieder erledigen können.
  • Beziehen Sie Ihre Vorgesetzten möglichst frühzeitig mit ein: Das schafft Planungssicherheit für alle.
  • Feiern Sie Ihre Rückkehr in den Beruf nach der Krankheit: Sie ist ein weiterer Schritt auf dem Weg zurück in einen normalen Alltag.
Zusammenfassung Die berufliche Wiedereingliederung nach einem längeren Ausfall durch eine Krankheit hat zum Ziel, dass Krebspatient:innen nach der Behandlung wieder schrittweise in den Job zurückfinden. Ein festgelegter Stufenplan nach dem Hamburger Modell gibt dabei Orientierung und verhindert eine mögliche Überlastung. Der Stufenplan kann jederzeit angepasst werden. Sie können also auch früher wieder in Vollzeit arbeiten.

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