Eine Krebserkrankung beeinträchtigt Betroffene sowohl physisch als auch psychisch, sodass viele von ihnen für längere Zeit nicht arbeiten und am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Diese Nachteile soll ein Schwerbehindertenausweis ausgleichen und Krebspatient:innen trotz der Erkrankung die Teilhabe am Leben ermöglichen.
Manche Betroffene wollen die Erkrankung jedoch nicht als Behinderung akzeptieren und verzichten auf den Ausweis und die damit verbundenen Vorteile. Falls Sie in dieser Situation sind, überlegen Sie: Wie stark beeinträchtigt Sie die Krankheit im Alltag? Benötigen Sie finanzielle Unterstützung? Oder vielleicht Hilfe am Arbeitsplatz? Die Vorteile, die Ihnen ein Schwerbehindertenausweis bietet, können den Alltag mit Krebs deutlich erleichtern.
So wird eine Schwerbehinderung festgestellt
Grundlage für die Feststellung einer Schwerbehinderung sind normalerweise alle relevanten ärztlichen Unterlagen. Bei Krebs gibt es eine Besonderheit: Bei einem Erstantrag wegen einer Krebserkrankung genügt in vielen Fällen allein die Diagnose. Manchmal, und bei späteren Folgeanträgen, wird auch ein Gutachter hinzugezogen, um den Gesundheitszustand einzuschätzen und zu entscheiden, ob eine Schwerbehinderung vorliegt und ein Schwerbehindertenausweis bei Krebs ausgestellt werden kann. Dafür wird zunächst der Grad der Behinderung (GdB) festgestellt.
Bei einer Krebserkrankung liegen oft mehrere Beeinträchtigungen vor, die wiederum unterschiedliche Behinderungsgrade haben können. Entscheidend für die Beurteilung ist, wie sich die einzelnen Beeinträchtigungen zueinander und untereinander auswirken. Daraus wird schließlich ein Gesamt-GdB ermittelt.
Der Grad der Behinderung gibt an, wie stark jemand durch seine Behinderung oder Krankheit beeinträchtigt ist. Er variiert zwischen 20 und 100 und wird in Zehner-Schritten vergeben. Für eine Schwerbehinderung und damit auch einen Schwerbehindertenausweis muss ein GdB von mindestens 50 vorliegen. Bei Krebserkrankten wird oft zum ersten Antrag ohne detaillierte Prüfung GdB 50 zugestanden. Welcher GdB welcher Einschränkung beziehungsweise Krankheit zugeordnet wird, regelt ansonsten die Versorgungsmedizinverordnung.
Einen Schwerbehindertenausweis beantragen
Der Schwerbehindertenausweis wird beim Versorgungsamt beantragt – entweder in einem formlosen Schreiben oder über ein Antragsformular, das Sie bei vielen Versorgungsämtern auch online ausfüllen können. Wenn es für Sie möglich ist, sollten Sie das Antragsformular nutzen, weil es alle wichtigen Fragen abdeckt, die die Behörde für die Bearbeitung benötigt.
Wichtig: Nennen Sie nicht nur die Grunderkrankung, also den Krebs, sondern alle damit verbundenen Beeinträchtigungen, die schon länger als sechs Monate bestehen, und beschreiben Sie diese genau. Das sind zum Beispiel:
- Chronische Müdigkeit (Fatigue)
- Chronische Schmerzen
- Empfindungsstörungen
- Seh- und Hörverluste
- Eingeschränkte Beweglichkeit
- Depressionen
- Ängste
Wenn Sie Schwierigkeiten haben, den Antrag auszufüllen oder sich nicht sicher sind, welche Unterlagen Sie mit dem Antrag einreichen müssen, holen Sie sich Hilfe. Unterstützung bieten Sozialverbände wie der VdK Deutschland, die Sozialstationen in Krankenhäusern und Reha-Einrichtungen sowie Behindertenvertretungen.
Diese Vorteile bringt ein Schwerbehindertenausweis
Wenn Sie einen Schwerbehindertenausweis erhalten – und der ist Ihnen bei einer Krebserkrankung sicher – bringt dies eine Reihe von Vorteilen mit sich. Dazu gehören:
- Fünf zusätzliche Urlaubstage pro Jahr
- Besonderer Kündigungsschutz: Wenn Sie an Krebs erkrankt sind und einen Schwerbehindertenausweis haben, darf Ihnen der Arbeitgeber nicht grundlos kündigen. Vielmehr muss er dafür einen Antrag beim Integrationsamt stellen, das den Grund für die Kündigung genau prüft. Stellt die Behörde fest, dass die Behinderung der Grund dafür ist, wird die Kündigung abgelehnt. Dieser besondere Kündigungsschutz tritt auch dann in Kraft, wenn der Arbeitgeber nichts von der Schwerbehinderung gewusst hat.
- Begleitende Hilfe im Arbeitsleben: Dies können zum Beispiel technische Arbeitshilfen oder eine Beratung bei Problemen am Arbeitsplatz sein.
- Freistellung von Mehrarbeit: Menschen mit Schwerbehinderung müssen nicht mehr als acht Stunden am Tag arbeiten.
- Ermäßigungen: Einen günstigeren Eintritt gibt es zum Beispiel im Schwimmbad, in Museen, bei Sportveranstaltungen und in Bildungseinrichtungen. Auch die Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist günstiger.
- Niedrigere Beiträge bei Automobilclubs
- Steuerliche Vergünstigungen: Sie profitieren von einem besonderen Steuer-Freibetrag für Menschen mit Behinderung. Damit sollen außergewöhnliche finanzielle Belastungen ausgeglichen werden, die mit der Behinderung zusammenhängen. Sie zahlen damit unterm Strich weniger Einkommenssteuer. Die Höhe des jährlichen Freibetrags hängt vom Grad der Behinderung ab. Bei einem GdB von 50 beträgt er 1.140 Euro. Auch Vergünstigungen bei der Kfz-Steuer sind möglich.
Verlängerung des Schwerbehindertenausweises
Eine Schwerbehinderung gilt nicht ein Leben lang, sondern ist zeitlich befristet. Bei Krebspatient:innen ist dies in den meisten Fällen auf fünf Jahre festgelegt. Diese Zeitspanne wird „Heilungsbewährung“ genannt, in der geschaut wird, ob es innerhalb von fünf Jahren zu einem Rückfall kommt.
Nach Ablauf der fünf Jahre haben Sie erneut die Möglichkeit, einen Antrag auf Schwerbehinderung zu stellen. Diesmal reicht jedoch nicht allein die Krebsdiagnose aus, um einen Grad der Behinderung von 50 zu bekommen. Beim zweiten Antrag steht der aktuelle Gesundheitszustand des Patienten oder der Patientin im Vordergrund. Je nachdem, ob sich dieser verschlechtert oder verbessert hat, wird der GdB angepasst. Auch beim zweiten Antrag ist es besonders wichtig, alle Einschränkungen der Krebserkrankungen genau aufzulisten und zu beschreiben.