Umgang in der Familie

Wie sage ich meinen Kindern, dass ich Krebs habe?

Machen Sie Ihren Kindern gegenüber aus Ihrer Krebserkrankung kein Geheimnis. Kinder sind sehr empfindsam und spüren es ohnehin, wenn etwas in der Familie nicht stimmt. Wie Sie Ihren Kindern Krebs erklären und welche Informationen Sie am besten teilen, erfahren Sie hier.

Von Thea Wittmann 19.03.2023 · 08:57 Uhr
Mutter und Kind | © AdobeStock-442547195
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Kinder nehmen Stimmungen in der Familie sehr sensibel wahr. Wenn Mama oder Papa sich plötzlich anders verhalten als gewohnt, verunsichert sie das. Deshalb sollten Sie Kindern Krebs erklären – auch wenn Sie ihnen dieses schwere Thema eigentlich nicht zumuten wollen. Kinder gehen oft mit schlechten Nachrichten besser um als mit Ungewissheit. Wenn Sie ehrlich Auskunft geben, stärken Sie damit außerdem das gegenseitige Vertrauen.

Es hat sich bewährt, die Kinder spätestens dann aufzuklären, wenn die Diagnose feststeht. Idealerweise haben Sie den ersten Schock bereits verarbeitet, bevor Sie in das Gespräch mit den Kindern gehen. Nehmen Sie sich dafür genügend Zeit. Es sollten keine Termine oder Verabredungen anstehen, damit genügend Raum bleibt, um das Gehörte zu verdauen und Fragen zu beantworten.

Was ist Krebs, einfach erklärt?

Eine vereinfachte, kindgerechte Erklärung für Kinder, was Krebs ist, kann so aussehen: Krebs ist eine Krankheit. Mit dem Meerestier hat sie nur den Namen gemeinsam. Manchmal bereitet sie gar keine Schmerzen und sie ist nicht ansteckend. Doch Krebs ist eine ernste Krankheit. Krebs verändert bestimmte Zellen im Körper und macht sie krank. Die Zellen sind kleine Bausteine, aus denen unser Körper besteht: Organe, Haut, Blut, Knochen sind alle aus Zellen aufgebaut. Wir brauchen gesunde Zellen zum Leben. Da sich der Krebs rasch im Körper ausbreitet, ist es wichtig, ihn so schnell wie möglich loszuwerden.

Geben Sie die Informationen über Ihre eigene Erkrankung behutsam und schrittweise preis. Kinder können nicht so viel auf einmal aufnehmen. Machen Sie Pausen, damit Ihre Kinder Fragen stellen können, und antworten Sie ehrlich. Wenn Sie keine Antwort wissen, geben Sie das ruhig zu.

Verschweigen Sie nicht, dass Sie in der nächsten Zeit gereizt reagieren oder traurig sein könnten und dass das an Ihrer Krankheit liegt. Dann wissen Ihre Kinder, dass Ihr Verhalten nichts mit ihnen zu tun hat. So verhindern Sie, dass die Kinder die Schuld bei sich selbst suchen.

Kindern Krebs erklären: Seien Sie aufrichtig

Ihre Diagnose weckt Unsicherheiten und Ängste, sie lässt Zukunftspläne wanken und konfrontiert Kinder damit, möglicherweise einen Elternteil zu verlieren. Wiegen Sie Ihre Kinder nicht in einer falschen Sicherheit, um sie zu schonen. Wenn die Heilungschancen gut sind, stellen Sie das klar – aber wecken Sie keine falschen Hoffnungen, zum Beispiel, dass Sie bald wieder ganz gesund werden. Wenn das nicht eintritt, fühlt Ihr Kind sich betrogen und im Stich gelassen.

Bemühen Sie sich, Kindern Krebs altersgemäß zu erklären. Schon kleine Kinder haben eine Ahnung davon, was Kranksein bedeutet. Erklären Sie, was sich bei Ihnen verändern wird und wie sich das auf den Familienalltag auswirkt. Kinder können sich so besser auf Veränderungen einstellen. Informieren Sie Menschen, die Ihrem Kind nahestehen: Erzieher:innen, Lehrer:innen und befreundete Familien. Knüpfen Sie ein soziales Netz um Ihre Familie und treffen Sie klare Absprachen für den Alltag. So wissen Ihre Kinder, an wen sie sich wenden können.

Kindern Krebs erklären: Kleinkinder und Kindergartenkinder

Nennen Sie Ihre Krankheit beim Namen: „Krebs“. Auch andere Menschen im nahen Umfeld werden diesen Begriff benutzen. Machen Sie klar, dass das Behandlungsteam alles tut, damit Sie wieder gesund werden.

Erklären Sie, was sich in der Familie und im Alltag verändern wird – etwa, wenn Sie in eine Klinik müssen, dass Ihnen möglicherweise die Haare ausfallen oder dass Sie mehr Ruhe brauchen werden als gewohnt. Stellen Sie auch in Aussicht, was beim Alten bleibt, zum Beispiel, dass Sie abends da sind, um Ihr Kind ins Bett zu bringen. 

Schulkindern bis 12 Jahre Krebs erklären

Auch wenn Sie älteren Kindern Krebs erklären, ist es wichtig, sie nicht mit zu vielen Informationen zu überfordern. Geben Sie lieber Raum für Fragen. Antworten Sie darauf wahrheitsgemäß. Informieren Sie auch die Lehrer:innen Ihrer Kinder über Ihre Krebserkrankung. Denn denen fällt meist als Erstes auf, wenn sich das Verhalten eines Kindes verändert.

Beziehen Sie Kontaktpersonen der Kinder und Eltern von Freund:innen ein. Ihr Kind sollte ohne Scham oder Unsicherheit in seinem Umfeld über Gefühle und Sorgen sprechen können.

Mit Jugendlichen über Krebs reden

Fachleute empfehlen, mit Jugendlichen zwischen zwölf und 18 Jahren ebenso offen über den Krebs zu reden und sie über alles zu informieren, was sie wissen möchten. Grundsätzlich wollen sich Teenager eher von den Eltern lösen und reagieren ablehnend oder aggressiv. Manche ziehen sich zurück, wollen keine Erklärung über Krebs hören. Lassen Sie den Rückzug zu, machen Sie gleichzeitig klar: „Ich bin für dich da.“

Es kann sein, dass Ihr heranwachsendes Kind Abstand von familiären Problemen sucht. Bieten Sie immer wieder die Möglichkeit an, miteinander zu sprechen. Sie dürfen offen zugeben, dass auch Sie Angst haben, dass Sie zeitweise überfordert oder mutlos sind und Unterstützung brauchen. Das entlastet viele Jugendliche.

Was tut Kindern gut, wenn Eltern Krebs haben?

Kindern tut es gut, ein Stück Normalität und Unbeschwertheit zu spüren. Richten Sie „krebsfreie“ Rituale für alle ein. Machen Sie feste Zeiten mit Ihren Kindern aus, in denen die Krankheit keinen Raum einnimmt und die Familie unbeschwert Zeit miteinander verbringt. Spielen Sie zusammen, lachen Sie, kochen Sie das Familien-Lieblingsessen. Unternehmen Sie etwas gemeinsam. Das tut nicht nur den Kindern gut, sondern auch Ihnen.

Wer hilft, wenn meine Kinder nicht zurechtkommen?

Viele Krebsberatungsstellen beraten nicht nur krebsbetroffene Eltern, sondern kümmern sich auch um deren Kinder. Wenn Ihr Kind stark belastet ist, wenn es Schlafschwierigkeiten, Konzentrationsprobleme, Kopf- oder Bauchschmerzen entwickelt, wenden Sie sich an niedergelassene Kinder- und Jugendpsychotherapeut:innen.

Oft ist es hilfreich, Ihr Kind zum Arztgespräch mitzunehmen. Der Arzt oder die Ärztin hat die nötige Distanz und Autorität, Ihrem Kind kompetent zu erklären, was Krebs für Sie bedeutet. Er kann aber auch Ängste über das erbliche Risiko nehmen, das Jugendlichen unter Umständen Sorgen bereitet.

Unterstützung für das Gespräch mit Ihren Kindern

Wenn Sie Kindern Krebs erklären müssen, sind Sie nicht allein. Holen Sie sich Hilfe bei psychoonkologischen Beratungsstellen. Es gibt Broschüren zum Thema „Mit Kindern über Krebs sprechen“. Passende Bücher erleichtern insbesondere bei kleineren Kindern den Einstieg in das Gespräch, wenn Ihnen die Worte fehlen.

Zusammenfassung Wenn ein Elternteil an Krebs erkrankt, verändert sich das Leben aller Familienmitglieder. Sprechen Sie mit Ihren Kindern über die neue Situation, auch wenn Sie fürchten, sie damit zu überfordern und ihnen Angst zu machen. Sie können die Sorgen nicht von ihnen fernhalten. Zudem ist Ungewissheit für Kinder schlimmer. Entscheidend ist, dass Sie Ihren Kindern Krebs behutsam erklären und dabei das Alter berücksichtigen.

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