Umgang mit Krebs

5 Phasen der Verarbeitung für mehr Lebensfreude trotz Krebs

Wer die Diagnose Krebs erhält, steht erst einmal unter Schock. Das ist normal. Normalerweise erleben Sie verschiedene Phasen der Verarbeitung, bis Sie die Erkrankung akzeptiert haben. Einige Tipps können Ihnen dabei helfen, dass Sie sich wieder besser fühlen.

Von Anne Klien 19.03.2023 · 09 Uhr
Eien Frau mittleren Alters sitzt mit hinter dem Kopf verschränkten Armen in einem Sessel. | © AdobeStock-285624972
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Eine Krebserkrankung belastet nicht allein den Körper – auch die Psyche ist von der Krebsdiagnose betroffen. Stress und Ängste nehmen leicht überhand. Das sollten Sie nicht zulassen. Denn: Auch Krebspatient:innen können und dürfen sich seelisch gut fühlen, wenn der erste Schock überstanden ist. Nur, wie gelingt das? Expert:innen unterscheiden verschiedene Phasen der Verarbeitung nach einer Krebsdiagnose. Angelehnt an ein Modell der Psychiaterin Elisabeth Kübler-Ross benennen sie meist fünf Phasen der Krankheitsbewältigung: Ignoranz, Verärgerung, Verhandlung, Depression und schließlich Akzeptanz.

Die fünf Phasen der Krankheitsbewältigung

  1. Ungläubigkeit/Ignoranz: Sie wollen es nicht wahrhaben, glauben an einen Irrtum oder eine falsche Diagnose. Diese Phase ist wichtig, damit Sie die Situation nicht komplett überfordert – sie verschafft der Psyche Zeit, die Krebsdiagnose langsam ins Bewusstsein dringen zu lassen.
  2. Wut/Verärgerung: Die Überforderung hält weiter an. Sie sind wütend, dass es ausgerechnet Sie erwischt hat. Familie und Freunde müssen eventuell als Blitzableiter herhalten. Letztlich ist diese Verärgerung aber Ausdruck von Hilflosigkeit und Verzweiflung und unumgänglich für die Krankheitsbewältigung bei Krebs.
  3. Verhandeln: Sie begreifen langsam, dass die Krankheit real ist. Dennoch versuchen Sie, den Krebs wie einen Geschäftspartner zu Deals zu bewegen, zum Beispiel: Ich ernähre mich ab sofort besonders gesund und bewege mich regelmäßig, dafür werde ich ganz schnell geheilt!
  4. Trauer/Depression: Das alte, unbeschwerte Leben ist vorbei. Sie beginnen um das zu trauern, was Sie verloren haben. Denn auch bei einer sehr guten Prognose geht in der Regel die bisherige Unbeschwertheit verloren oder das – oft unbewusste –  Gefühl, dass es Sie schon nicht treffen werde. Auch die Angst vor dem, was kommt, was Sie in Zukunft erwartet, lassen Sie  jetzt verstärkt zu. Diese Phase tritt bei vielen Patient:innen im Rahmen der Krankheitsverarbeitung immer wieder auf.
  5. Krankheitsakzeptanz: Schließlich können Sie die Diagnose annehmen und akzeptieren. Sie arrangieren sich mit den neuen Gegebenheiten: Das Leben sieht jetzt anders aus, benötigt neue Strukturen und Prioritäten. Aber Sie können sich dennoch gut fühlen und dem Alltag viel Positives abgewinnen.

Obwohl um diese fünf Phasen der Krankheitsbewältigung niemand herumkommt, laufen sie nicht immer in der gleichen Reihenfolge ab und nicht jede Phase durchleben alle Patient:innen gleich intensiv. Während Sie die eine Phase vielleicht  nur flüchtig streifen, durchleben Sie eine andere unter Umständen wieder und wieder – oder verharren lange an einer bestimmten Stelle im Verarbeitungsprozess. Die Krankheitsverarbeitung ist bei allen Patient:innen hochindividuell – ebenso wie der langfristige Umgang mit dem Krebs. Ganz wichtig: Es gibt dabei kein Richtig oder Falsch!

Diese Tipps helfen Ihnen bei der Verarbeitung

Sie werden Ihren eigenen Weg finden, mit der Krebserkrankung umzugehen. Diese Tipps können Ihnen dabei helfen.

Setzen Sie sich selbst an erste Stelle: Wann fühlen Sie sich endlich wieder gut? Klar ist, dass der Prozess zur Krankheitsakzeptanz Zeit benötigt. Diese Zeit müssen Sie sich nehmen – um Ihre eigenen Bedürfnisse zu erkennen und in den Mittelpunkt zu stellen: Seien Sie gut zu sich selbst! Das gilt sowohl psychisch als auch physisch. Sie fühlen sich schlecht, obwohl es Ihnen körperlich gerade gut geht? Das ist ganz normal, weil sie viel zu bewältigen haben. Sie sollten sich jetzt ganz auf sich selbst konzentrieren.

Selbstwirksamkeit stärken: Die Krankheitsakzeptanz steigt, wenn Sie zum Experten oder zur Expertin für das eigene Wohlbefinden werden! Deshalb sollten Sie auch die Behandlung der Krankheit aktiv begleiten: Besprechen Sie mit Ihren Ärzt:innen, was geplant ist, welche Schritte als Nächstes anstehen, und fragen Sie nach, wenn etwas unklar bleibt. Das stärkt das Gefühl von Selbstwirksamkeit: Sie sind dem Schicksal nicht mehr hilflos ausgeliefert, sondern können Ihren Umgang mit dem Krebs gut informiert gestalten.

Unterstützung finden: Sich zeitweise zurückzuziehen, ist Teil der Krankheitsbewältigung bei Krebs. Nur: Es tut nicht gut, sich zu lange abzukapseln. Ängste können dadurch wachsen. Deshalb brauchen Sie Strategien, Ihre Psyche bei Krebs zu stärken – sogenannte Anpassungsstrategien. Vielen Patient:innen hilft es, sich zu erinnern, was ihnen in der Vergangenheit Kraft gegeben hat. Verbringen Sie Zeit mit genau diesen Menschen und Dingen. Genauso wichtig ist es, über konkrete Sorgen sprechen zu können. Klappt das in der Familie oder im Freundeskreis nicht, bieten sich Selbsthilfegruppen an. Auch professionelle Expert:innen wie Psychoonkologen können eine wichtige Unterstützung sein.

Optimistisch bleiben: Eine optimistische Grundeinstellung macht es leichter, mit der Krankheitsbewältigung klarzukommen. Vertrauen Sie Ihrem Körper und Ihren Ärzt:innen, schmieden Sie Zukunftspläne. Allerdings: Nicht jedem liegt das positive Denken. Wenn Verwandte oder Freunde dann auf einer „Du schaffst das“-Einstellung bestehen, entsteht womöglich unnötiger Druck. Natürlich haben auch Zweifel und Sorgen einen berechtigten Platz in Ihrem Gefühlsleben. Sollten die negativen Gefühle jedoch überwiegen, helfen Expert:innen dabei, die Psyche zu stärken und die Krebsdiagnose zu verarbeiten, etwa Psychoonkolog:innen.

Krankheitsakzeptanz und Lebensqualität: Auf den Krankheitsverlauf hat es übrigens keinen Einfluss, wie Sie mit der Krebsdiagnose psychisch umgehen. Forschende haben bisher keinen Nachweis dafür gefunden, dass es bei der Heilung hilft, grundsätzlich positiv zu denken, dem Krebs entschlossen „den Kampf anzusagen“ oder sich zurückzuziehen. Für Ihr Wohlbefinden macht es aber durchaus einen Unterschied. Wenn Sie sich wieder gut fühlen möchten, gilt: Passen Sie auf, dass sich das Leben nicht nur noch um die Krankheitsbewältigung dreht. Stattdessen sollten Sie möglichst „normal“ weitermachen. Bleiben Sie sich und Ihren Interessen treu. Dann – so berichten viele Betroffene – steigt die Lebensfreude wieder und das Leben kann sogar intensiver werden als zuvor.

Zusammenfassung Nach der Diagnose Krebs kommt niemand umhin, sich den fünf Phasen der Verarbeitung zu stellen. Der Weg zur Krankheitsakzeptanz verläuft sehr individuell. Wichtig ist dabei nur, alle Phasen zuzulassen. Die höchste Lebensfreude erleben jene Betroffenen, die gut auf ihre Bedürfnisse achten, sich aktiv über ihre Krankheit informieren, sich Unterstützung suchen – und dem Krebs im Alltag nicht mehr Raum geben als nötig.

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