Viele Menschen fühlen sich nach der Diagnose Krebs fremdbestimmt: durch eng getaktete Termine für Untersuchungen und das Warten auf Ergebnisse, durch die Odyssee von Arztpraxis zu Arztpraxis, verschiedene Therapien und deren Wirkung auf den Körper. Ärzt:innen scheinen die Kontrolle zu übernehmen. Gleichzeitig wächst oftmals der Druck im privaten Umfeld. Angehörige und Freund:innen geben gut gemeinte Tipps, die aber nicht immer Ihren Vorstellungen oder Möglichkeiten entsprechen.
Eventuell wollen Sie also erst noch eine Zweitmeinung einholen, haben ganz andere Vorstellungen von Ihrem Umgang mit der Krankheit oder wünschen sich psychosoziale Hilfe? Diese Dinge umzusetzen hilft möglicherweise dabei, Ihre Autonomie zu bewahren.
Ärztliche Zweitmeinung
Bei einer Krebsdiagnose liegt der Gedanke nahe, so schnell wie möglich mit einer Therapie zu beginnen. Doch nicht immer ist das nötig oder sinnvoll. Bei einigen Krebsarten besteht kein akuter Zeitdruck. Und selbst wenn schnell gehandelt werden muss, sollten Sie sich nicht drängen oder überrumpeln lassen. Bewahren Sie Ihre Autonomie, indem Sie wichtige Entscheidungen nicht in der Arztpraxis oder in der Klinik, sondern in Ruhe zu Hause treffen.
Wenn Sie den Wunsch verspüren, eine Zweitmeinung einzuholen, sollten Sie zunächst mit Ihrer Krankenkasse klären, ob sie dafür die Kosten teilweise oder vollständig übernimmt. Denn Sie haben zwar das Recht auf eine Zweitmeinung, aber keinen Anspruch auf Kostenübernahme. Das heißt: Der behandelnde Arzt oder die Ärztin muss für eine Zweitmeinung die notwendigen Unterlagen bereitstellen. Die Kasse entscheidet aber, ob sie die Kosten für den zusätzlichen Termin trägt. Andernfalls können Sie erwägen, die Rechnung selbst zu bezahlen.
Sie können vorgeschlagene Therapien auch ablehnen. Selbstbestimmt zu leben bedeutet außerdem, dass Sie sich jederzeit umentscheiden können, wenn Sie eine Therapie zum Beispiel abbrechen möchten. Natürlich sollten Sie sich dabei sehr gut beraten lassen und alle Argumente sorgfältig abwägen.
Autonomie im privaten Umfeld
Bei einer Krebserkrankung im Familienkreis tut es häufig gut, wenn Angehörige Hilfe anbieten. Einige schießen dabei aber übers Ziel hinaus. Sie müssen akzeptieren lernen, dass zuallererst die Betroffenen selbst entscheiden, was richtig für sie ist.
Auch wenn es gerade während der Therapie anstrengender ist, Dinge zu erledigen – viele Krebskranke möchten sich nicht alles abnehmen lassen und sich dadurch abhängig fühlen, sondern weiter selbstbestimmt leben.
Wenn Sie etwa Lust haben, auf eine Geburtstagsfeier zu gehen, Ihre Verwandten Ihnen jedoch davon abraten, bleibt es letztlich doch immer Ihre Entscheidung, was Sie tun.
Autonomie bedeutet auch, dass Sie mit der Familie offen darüber sprechen, was Sie sich zutrauen, wobei Sie Hilfe benötigen und welche Arten der Unterstützung Sie annehmen möchten.
Professionelle psychologische Hilfe annehmen
Krebs belastet nicht nur körperlich. Auch psychisch machen viele Betroffene eine schwierige Zeit durch. Zu der Angst um die Gesundheit gesellen sich oft Unsicherheiten bezüglich des beruflichen Wiedereinstiegs, finanzielle Sorgen und eine grundsätzliche Angst, die Selbstbestimmtheit zu verlieren.
Wenn Sie das Gefühl haben, dass die Krankheit Ihre seelischen Kräfte sehr stark beansprucht oder Ihre Autonomie beeinträchtigt, kann es hilfreich sein, sich professionelle psychosoziale Hilfe zu suchen.
Informationen und Unterstützung bekommen Sie bei diesen Stellen:
- Krankenhäuser und Sozialdienste in Kliniken
- Rehaeinrichtungen
- Hausarzt- und onkologische Schwerpunktpraxen
- Fachärzt:innen für Psychiatrie und Psychotherapie
- Psychologische Psychotherapeut:innen
- Psychosoziale Krebsberatungsstellen und Psychoonkologischen Ambulanzen
- Selbsthilfeorganisationen und -gruppen