Leben mit Eierstockkrebs

Kinderwunsch bei Eierstockkrebs (Ovarialkarzinom)

Viele jüngere Frauen fragen sich, ob sie noch Kinder bekommen können, wenn bei ihnen Eierstockkrebs diagnostiziert wird. Die Antwort hängt von der Art und der Ausbreitung der Erkrankung ab. Das Behandlungsteam muss genau prüfen, ob es die Fruchtbarkeit trotz der operativen Entfernung des Eierstockkrebses erhalten kann. Alles Wichtige rund um Kinderwunsch und Eierstockkrebs lesen Sie hier.

Von Redaktion 01.10.2025 · 16:05 Uhr
Eine Pipette und Reagenzgefäße bei der Invitro-Fertilisation. | © AdobeStock_986433583
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Statistisch betrachtet erkrankt eine von 74 Frauen im Laufe ihres Lebens an Eierstockkrebs (auch Ovarialkarzinom oder bösartiger Ovarialtumor genannt). Insgesamt erhalten hierzulande jährlich über 6.700 Frauen neu die Diagnose Eierstockkrebs. Er gehört damit zu den häufigeren Krebsarten. Auch wenn das durchschnittliche Erkrankungsalter aktuell bei 68 Jahren liegt, sind etwa 10 Prozent der betroffenen Frauen zum Zeitpunkt der Diagnose 45 Jahre oder jünger – von 100 Patientinnen sind also 10 unter 45 Jahren. Sie sind im gebärfähigen Alter und ein möglicher Kinderwunsch kann eine große Rolle spielen, vor allem wenn es um das Ausmaß des operativen Eingriffs geht.

Fertilitätserhaltende Operation bei Eierstockkrebs

Die behandelnden Chirurg:innen können so operieren, dass die Fruchtbarkeit (Fertilität) potenziell erhalten bleibt. Im Zuge des Eingriffs entfernen sie nur einen Eierstock, den zweiten Eierstock belassen sie inklusive Eileiter und Gebärmutter unberührt. Ob eine fertilitätserhaltende Operation möglich ist, hängt vor allem von der Ausbreitung und der Aggressivität des Tumors ab. In sehr frühen Stadien der Erkrankung stehen Ihre Chancen gut, dass die Fruchtbarkeit trotz Operation erhalten werden kann. Alles Weitere hierzu kann Ihnen jedoch ausschließlich Ihre Ärztin oder Ihr Arzt erläutern.

Fruchtbarkeit vorübergehend erhalten

In Ausnahmefällen operieren die behandelnden Ärzt:innen vorübergehend organerhaltend. Den an Eierstockkrebs erkrankten Frauen soll über einen bestimmten Zeitraum die Möglichkeit gegeben werden, schwanger zu werden. Nach der Schwangerschaft entfernen die Chirurg:innen dann im Rahmen einer weiteren OP die noch vorhandenen Fortpflanzungsorgane. So sollen das Rückfallrisiko (Rezidivrisiko) gesenkt und die Heilungschancen gesteigert werden. Falls der Eierstockkrebs schon fortgeschritten ist, eine bestimmte Größe überschritten hat oder bereits Absiedlungen, sogenannte Metastasen, gebildet hat, bleibt dem Behandlungsteam keine andere Wahl: Sie müssen beide Eierstöcke nebst Eileiter und die Gebärmutter operativ entfernen.

Viele jüngere Frauen, die an Eierstockkrebs erkranken, haben einen sogenannten Keimzelltumor, also einen Eierstockkrebs, der sich aus einer Eizelle oder mehreren Eizellen entwickelt hat. Diese Art von Eierstockkrebs wird glücklicherweise oft früh erkannt, so dass die Chancen für eine fertilitätserhaltende OP gut sind. Das Gleiche gilt auch für die sogenannten Sexcord-Stromatumoren (früher als Keimstrangtumoren bezeichnet). Hier entwickelt sich der Eierstockkrebs aus den Zellen, die das Stützgewebe der Eierstöcke aufbauen.

Auswirkungen der Chemotherapie auf Fruchtbarkeit und Kinderwunsch

Auch die Chemotherapie, die sich in der Regel an die OP anschließt, hat einen großen Einfluss auf eine mögliche Schwangerschaft. Sie zielt darauf ab, eventuell verbliebene Krebszellen zu zerstören. Bei den chemotherapeutischen Wirkstoffen handelt es sich allerdings um Zellgifte. Sie haben das Potenzial, nicht nur die Krebszellen, sondern auch die Eizellen zu zerstören oder so stark zu schädigen, dass sie nicht mehr durch Spermien befruchtet werden können. Da jede Frau nur eine begrenzte Zahl von Eizellen besitzt, kann eine Chemotherapie auch zu andauernder Unfruchtbarkeit führen. Das Gleiche gilt übrigens für die Strahlentherapie, die bei Eierstockkrebs allerdings eine untergeordnete Rolle spielt.

Kryokonservierung von Eizellen

Ärzt:innen und Patient:innen müssen sich also auch um den Schutz der Eizellen vor einer möglichen Chemotherapie kümmern. Es gilt zweierlei Fragen zu klären:

  1. Ist eine fertilitätserhaltende Operation möglich?
  2. Und falls ja: Welche Möglichkeiten gibt es, die eigenen Eizellen vor der Chemotherapie zu schützen?

Für die zweite Frage lautet die Antwort: Eizellen entnehmen und für die Zeit nach OP und Chemotherapie einfrieren. Im Fachjargon wird diese Maßnahme als Kryokonservierung von Eizellen bezeichnet.

Eine Vielzahl von Universitätskliniken und anderen Behandlungszentren in Deutschland, Österreich und der Schweiz gehört dem sogenannten FertiPROTEKT Netzwerk an. Frauen und Männer können sich dort beraten lassen, wie sie ihre Eizellen und Spermien vor den Folgen von Chemotherapie und Strahlentherapie schützen können. Hier arbeiten Krebsmediziner:innen eng mit Ärzt:innen zusammen, die auf das Thema „Fortpflanzung“ spezialisiert sind. Sie können in Abstimmung mit den Patientinnen entsprechende Schutzmaßnahmen durchführen.

Das Einfrieren, also die Kryokonservierung, von Spermien ist bei Männern seit vielen Jahren Routine. Für die Kryokonservierung von Eizellen gibt es erst seit einigen Jahren entsprechende Techniken. Grundsätzlich sind zwei Varianten möglich:

  • Die Eizellen werden vor der Chemotherapie entnommen, künstlich mit den Spermien des Partners befruchtet und eingefroren. Wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist, werden die befruchteten Eizellen aufgetaut und in die Gebärmutter eingesetzt. Bei einer Folge von Embryotransfers liegt die Chance bei 50 Prozent, schwanger zu werden. Frauen, die hier infrage kommen, müssen in einer festen Partnerschaft leben.
  • Für Frauen, die nicht in einer festen Beziehung leben, besteht die Möglichkeit, vor der Chemotherapie unbefruchtete Eizellen kryokonservieren zu lassen.

Für beide Maßnahmen gilt: Die Patientinnen müssen sich vor der Entnahme einer zweiwöchigen hormonellen Behandlung unterziehen.

Die Kosten für Kryokonservierung und Hormonstimulation werden seit 2021 in Deutschland von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen, wenn eine keimzellschädigende Behandlung ansteht. Viele Chemotherapien sind potenziell keimzellschädigend.

Kinderwunsch und Eierstockkrebs: (Doppelte) psychische Belastung?

ie Entscheidung für oder gegen eine Schwangerschaft ist für Frauen mit Eierstockkrebs eine schwierige Entscheidung. Neben der ohnehin belastenden Situation durch die Erkrankung kann das Kinderwunsch-Thema viele Frauen psychisch überfordern: Da sind die Hormonbehandlung, die Eizellentnahme und gegebenenfalls die künstliche Befruchtung, die schon für gesunde Frauen sehr anstrengend sind. Für viele Patientinnen ist in dieser herausfordernden Zeit psychologische und/oder psycho-onkologische Unterstützung sehr hilfreich. Fragen Sie Ihre Ärztin oder Ihren Arzt nach geeigneten Therapeut:innen oder Therapiezentren.

Auf der anderen Seite können sich viele Frauen durch den Gedanken gestärkt fühlen, alles Erdenkliche für eine erfolgreiche Schwangerschaft getan zu haben. Sofern die medizinischen Voraussetzungen gegeben sind, muss jede Frau für sich selbst und gemeinsam mit ihrem Partner oder ihrer Partnerin entscheiden. Zudem gilt es, sich vorher umfassend und professionell beraten zu lassen.

Kinderwunsch bei genetischer Vorbelastung

Bestimmte genetische Veränderungen (Mutationen) können das Risiko für Eierstockkrebs erhöhen und den Erkrankungsbeginn deutlich nach vorne verlagern. Auch im Sinne eines möglichen Kinderwunsches sollten betroffene Frauen einen Verdacht auf bestimmte Mutationen zeitnah durch genetische Tests abklären lassen. Fragen Sie hierzu Ihre Ärztin oder Ihren Arzt.

Fachleute schätzen, dass der Eierstockkrebs bei etwa einer von 4 Patientinnen durch genetische Veränderungen (mit-)verursacht wird. Eine zentrale Rolle spielen Mutationen in den Genen BRCA1 und BRCA2. Frauen mit diesen Mutationen haben ein Erkrankungsrisiko zwischen 20 und 60 Prozent, im Laufe ihres Lebens an Eierstockkrebs zu erkranken. Zum Vergleich: In der weiblichen Allgemeinbevölkerung beträgt das Risiko etwa 1,5 Prozent.

Für Frauen mit einer BRCA1-Mutation steigt das Erkrankungsrisiko dabei schon ab dem 40. Lebensjahr an. Bei Frauen mit einer BRCA2-Mutation erhöht sich das Risiko für Eierstockkrebs ab dem 50. Lebensjahr.

Prophylaktische Entfernung: je nach Mutation schon ab dem 35. Lebensjahr möglich

Für Trägerinnen der Mutationen besteht auch die Möglichkeit, sich die Eierstöcke vorbeugend (prophylaktisch) entnehmen zu lassen: Bei der sogenannten Salpingo-Oophorektomie (BSO) entfernen die Chirurg:innen beide Eierstöcke und die zugehörigen Eileiter.

Behandlungsleitlinien sehen für Trägerinnen der BRCA1-Mutation die Altersspanne zwischen 35 und 40 Jahren als geeigneten Zeitraum für die Entfernung. Für Frauen mit der BRCA2-Mutation empfehlen sie den Eingriff zwischen dem 40. und 45. Lebensjahr.

Falls sich betroffene Frauen für eine BSO entscheiden, spielen auch das Erkrankungsalter anderer Familienmitglieder und ein möglicher Kinderwunsch eine wichtige Rolle für die Festlegung des passenden Zeitpunkts. Lassen Sie sich hierzu in jedem Fall eingehend und umfassend ärztlich beraten: ob dieser Eingriff für Sie überhaupt in Frage kommt und falls ja, wann der passende Zeitpunkt dafür ist.

Zusammenfassung Eierstockkrebs und Kinderwunsch müssen sich nicht ausschließen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten dazu. Neben einer fertilitätserhaltenden Operation kann auch die Fruchtbarkeit vorübergehend erhalten werden. Außerdem gibt es die Möglichkeit, befruchtete oder unbefruchtete Eizellen in der Kryokonservierung aufzubewahren. Zu den psychologischen Fragen rund um die mögliche Belastung bei Eierstockkrebs und Kinderwunsch hilft eine psycho-onkologische Unterstützung. 

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