Welche sexuellen Funktionsstörungen können bei Prostatakrebs auftreten?
Eine Prostatakrebs-Erkrankung und ihre Behandlung sind mit körperlichen und seelischen Veränderungen verbunden. Vor allem vor einer sexuellen Dysfunktion/Funktionsstörung (Impotenz) haben viele von Prostatakrebs betroffene Männer Angst.
Tatsächlich kann eine sogenannte erektile Dysfunktion – also Probleme, eine Erektion zu bekommen oder zu halten, umgangssprachlich auch Impotenz genannt – bereits ein Symptom für Prostatakrebs sein. Auch ein verminderter Samenerguss ist ein mögliches Anzeichen für ein Prostatakarzinom.
Daneben kann die Behandlung von Prostatakrebs eine sexuelle Dysfunktion/Funktionsstörung verursachen:
- Entfernung der Prostata durch Operation (radikale Prostatektomie): Von 100 operierten Männern leiden nach dem Eingriff – je nach OP-Technik – 29 bis 100 Männer an Impotenz. Bei nervenschonender Operation sind bis zu 30 von 100 Männern davon betroffen.
- Strahlentherapie: 20 bis 70 von 100 Männern haben zwei bis drei Jahre nach der Bestrahlung Potenzstörungen. Wenn sie zusätzlich eine Hormonbehandlung erhalten, steigt das Risiko zusätzlich.
- Hormonentzugstherapie (alleinig oder unterstützend): Mittels Medikamenten oder durch einen chirurgischen Eingriff lässt sich die Testosteronproduktion unterdrücken. Diese Art der Prostatakrebs-Behandlung kann zu einem Verlust der Libido und zu Impotenz führen.
Sexuelle Dysfunktion/Funktionsstörung bei Prostatakrebs: Ursachen
Es gibt verschiedene Ursachen für eine Impotenz oder andere sexuelle Funktionsstörungen bei Prostatakrebs. Oft spielen mehrere Auslöser eine Rolle.
Psychische Ursachen
Eine Krebserkrankung kann
- Angst machen,
- Selbstzweifel auslösen,
- Stress verursachen und/oder
- zu veränderten Rollen in der Partnerschaft führen.
Das alles kann sexuelle Beschwerden wie eine erektile Dysfunktion oder einen Verlust der Libido auslösen oder ihre Entstehung begünstigen.
Körperliche Ursachen
Ein sehr großes Prostatakarzinom kann umliegende Nerven oder Blutgefäße, die für eine Erektion wichtig sind, in ihrer Funktion beeinträchtigen. Zudem können auch eine Operation oder Strahlentherapie diese verletzen oder schädigen. Je nachdem, wie stark das Gewebe dabei in Mitleidenschaft gezogen wurde, ist die Impotenz bei Prostatakrebs ein vorübergehendes oder dauerhaftes Problem.
Hinter sexueller Antriebslosigkeit und Impotenz bei Prostatakrebs kann auch ein zu niedriger Testosteronspiegel infolge einer Hormonentzugstherapie stecken. Die sogenannte medikamentöse Kastration ist anders als die operative nicht endgültig. Die betroffenen Männer müssen aber dauerhaft Medikamente einnehmen – meist über mehrere Jahre.
Unfruchtbarkeit nach Prostatakrebs-Behandlung
Die Therapie von Prostatakrebs kann nicht nur Impotenz und andere sexuelle Funktionsstörungen auslösen. Oft beeinträchtigt sie auch die Zeugungsfähigkeit der Betroffenen und kann zu Unfruchtbarkeit führen.
Nach einer Operation etwa kann der betroffene Mann möglicherweise noch einen Orgasmus erleben. Auch seine Hoden produzieren weiter Samenzellen. Allerdings entfernen die Chirurg:innen mitunter Teile der Samenleiter und die Samenbläschen – ein Samenerguss ist dann nicht mehr möglich.
Auch eine Strahlentherapie kann Samenleiter und Samenbläschen schädigen. Das Risiko, dass die Funktion hierdurch komplett eingeschränkt ist, ist aber niedriger als nach einer Operation. Eine antihormonelle Behandlung bei Prostatakrebs führt normalerweise immer zu Unfruchtbarkeit, da keine gesunden Spermien mehr gebildet werden können.
Bei einer medikamentösen Hormonentzugstherapie ist es aber möglich, dies vorübergehend rückgängig zu machen, indem der betroffene Mann die Therapie unterbricht.
Männer mit Kinderwunsch sollten bereits vor Beginn der Behandlung mit ihrem Arzt oder ihrer Ärztin darüber sprechen. Es ist zum Beispiel möglich, Sperma vor Beginn der Therapie einzufrieren.
Bei Impotenz oder fehlender Ejakulation nach der Behandlung von Prostatakrebs können Ärzt:innen auch gesunde Spermien aus Hoden beziehungsweise Nebenhoden entnehmen. Mithilfe der künstlichen Befruchtung können die betroffenen Männer häufig dann doch noch Vater werden.
Erektile Dysfunktion (Impotenz) bei Prostatakrebs: Was tun?
Zuallererst gilt: Bei einer Impotenz oder anderen sexuellen Funktionsstörungen nach einer Prostatakrebs-Therapie sollten betroffene Männer sich nicht scheuen, sich Hilfe zu holen. Erste Ansprechpersonen sind in der Regel Fachärzt:innen für Urologie. Sie bieten eine individuelle Beratung für Prostatakrebs-Patienten an und können bei Bedarf auch an weitere Fachleute verweisen.
Medikamentöse Erektionshilfen
Um eine Impotenz nach Prostatakrebs zu behandeln, stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Mitunter sind Blutgefäße und Nerven zumindest teilweise noch funktionsfähig. Eine spontane Erektion ist daher theoretisch möglich. In diesem Fall können bestimmte Medikamente helfen. Sie bewirken, dass mehr Blut in den Penis strömt bzw. weniger schnell abfließt, und ermöglichen so eine Erektion.
Die gefäßerweiternden Substanzen stehen als Tabletten sowie für die lokale Anwendung als Zäpfchen oder Injektion zur Verfügung. Sind allerdings die Nerven vollständig durchtrennt oder geschädigt, bleiben diese Arzneimittel höchstwahrscheinlich ohne Wirkung.
Mechanische Erektionshilfen
Es gibt verschiedene mechanische Erektionshilfen, die bei Impotenz nach Prostatakrebs helfen können. Sie verhindern, dass das Blut zu schnell aus dem Penis abfließt. Spätestens nach 30 Minuten müssen Männer sie aber wieder entfernen, denn durch die fehlende Durchblutung kann es sonst zu Schäden an den Schwellkörpern kommen. Gängige Hilfsmittel sind unter anderem:
- Vakuum-Erektionspumpe
- Penisring
- Penisimplantat
- hydraulische Schwellkörperimplantate
- Penisprothese
Intermittierende Hormontherapie
Durch den Testosteronmangel kommen Erektionen seltener spontan zustande oder der betroffene Mann kann sie nicht ausreichend lange halten. Zudem ist es schwerer, zum Orgasmus zu gelangen. Es ist möglich, die (Anti-)Hormontherapie zu unterbrechen, auch als intermittierende Hormonentzugstherapie mit wiederholten Unterbrechungen.
In den Pausen bilden sich die Nebenwirkungen zurück. Allerdings ist noch nicht ganz klar, ob diese Therapiepausen langfristig die Wirksamkeit der Behandlung beeinträchtigen.
Prostatakrebs und Impotenz: Weitere hilfreiche Maßnahmen
Zur Behandlung sexueller Funktionsstörungen nach einer Prostatakrebs-Therapie gehört auch immer, mit dem Partner oder der Partnerin offen über die Probleme zu sprechen. Mitunter ist es hilfreich, eine neutrale Person in die Gespräche miteinzubeziehen. Dabei fällt es oft leichter, sexuelle Wünsche und Bedürfnisse anzusprechen.
Fachleute wie Sexual- oder Paartherapeut:innen können zum Beispiel auch konkrete Tipps geben, wie mit der Situation umgegangen werden kann. Psychische Hilfe bei einer Prostatakrebs-Erkrankung bieten zudem Psychoonkolog:innen.
Für manche Männer mit Prostatakrebs können auch Selbsthilfegruppen sinnvoll sein. Dort gibt es andere Betroffene, denen es eventuell genauso ergeht und die vielleicht gute Tipps haben, die weiterhelfen können.
Zudem gilt: Was gut für die Blutgefäße ist, unterstützt die Erektion. Dazu gehören
- Abbau von Übergewicht,
- ausreichend Bewegung,
- abwechslungsreiche Ernährung,
- Verzicht auf Rauchen und
- die Reduktion von Stress.
Eine Änderung des Lebensstils kann daher auch bei krebsbedingten Erektionsproblemen die Behandlung von Impotenz unterstützen.