Das Rektum sitzt zwischen Blase, Geschlechtsorganen und After-Schließmuskel, sehr nah am Beckenboden, umschlossen von Knochen des kleinen Beckens. In dieser engen Schale liegen also viele wichtige Strukturen auf engem Raum, und durch den Beckenboden verlaufen außerdem etliche Nerven, Blut- und Lymphgefäße.
Eine Operation am Enddarm ist zwar auch hier für alle Krebs-Stadien die Erstlinienbehandlung, sie ist aber technisch anspruchsvoller als am Dickdarm. Hinzu kommt, dass Rektumkarzinome vermehrt zu Rückfällen (Rezidiven) neigen. Solche Risiken können durch zusätzliche Behandlungen vor oder nach dem chirurgischen Eingriff reduziert werden: Bestrahlung und Chemotherapie sind bei Mastdarmkrebs oft ratsam.
Unterstützung durch Strahlentherapie und Chemotherapie: Wann ist sie sinnvoll?
Ärzt:innen empfehlen auf Basis aktueller Studien und Leitlinien, ob und wann rund um die OP eine Strahlentherapie und/oder Chemotherapie Vorteile bringen könnte. Je nach Lage, Krebs-Stadium und gesundheitlichem Zustand der Erkrankten empfehlen sie eines von mehreren erprobten Therapie-Schemata. Die Entscheidung ist manchmal nicht einfach; sie wird von Behandlungsteams und Betroffenen immer individuell für die jeweilige Situation getroffen.
Denn Strahlen, Chemotherapie oder Kombinationen aus beiden (Radiochemotherapie) können speziell bei Enddarmkrebs den Operationserfolg verbessern. Vor der operativen Entfernung (neoadjuvant) sollen sie das Krebsgeschwür verkleinern und damit die OP erleichtern sowie Rezidiven vorbeugen. In anderen Fällen ist trotz Operation ein verbliebener Rest bösartiger Zellen nicht auszuschließen. Dann kann eine anschließende (adjuvante) Chemotherapie die Wahrscheinlichkeit für ein fortgesetztes Krebswachstum verringern.
Bestrahlung oder Chemotherapie bei Darmkrebs: Kriterien für die Anwendung
Anhand der Kombination bestimmter Merkmale und des Krebsstadiums schätzen Ärztinnen und Ärzte ab, welche Strategie die größten Heilungschancen bietet. Aufgrund der umfangreichen Erfahrung unterscheiden die Expert:innen heute sehr fein und therapieren so individuell wie möglich.
Stadium I
Betroffene in Stadium I profitieren nur sehr selten von einer zusätzlichen Chemotherapie oder Strahlentherapie; die Leitlinien empfehlen diese deshalb für diese Fälle nicht.
Stadien II und III
In den Stadien II und III mit schon größeren Tumoren besteht ein erhöhtes Rückfallrisiko. Dies gilt besonders dann, wenn das untere Drittel des Enddarms und/oder bereits Lymphknoten befallen sind. Lymphknotenmetastasen erschweren außerdem die restlose chirurgische Entfernung (R0-Resektion). Auch spätere Tochtergeschwülste in der Leber oder einer Lunge werden wahrscheinlicher.
- Eine kombinierte Vorbehandlung ist dann die häufigste Maßnahme: die neoadjuvante Strahlen-Chemotherapie des Rektumkarzinoms. Die Radiochemotherapie vor dem Eingriff verkleinert nicht nur den Tumor und stoppt die Ausbreitung über die Lymphknoten, sie trägt außerdem zur Lebensverlängerung bei.
- Eine neoadjuvante Strahlentherapie allein kann das nicht. Eine alleinige kurzzeitige Vorbestrahlung sollen daher nur Patient:innen erhalten, bei denen die neoadjuvante Strahlen-Chemotherapie des Darmkrebses nicht infrage kommt.
- Auf die Radiochemotherapie und Operation kann in manchen Fällen noch eine adjuvante Chemotherapie folgen, wenn es Hinweise auf schon streuende Krebszellen gibt.
Stadium IV
Menschen mit metastasierendem Rektumkarzinom haben häufig mehr Beschwerden und sind weniger belastbar. Das wird in die Überlegungen zur Behandlung mit einbezogen. Dennoch kann eine adjuvante und/oder neoadjuvante Chemotherapie manchen Patient:innen zu mehr Lebenszeit und auch Lebensqualität verhelfen. Selbst eine Heilung ist heute nicht mehr ausgeschlossen. Dies hängt davon ab, ob der Darmkrebs und die Tochtertumore in der Leber oder in den Lungen vollständig chirurgisch zu entfernen sind. Manche Tumore werden erst durch die Chemotherapie so klein, dass eine Operation gut machbar erscheint. Einen ähnlichen Effekt kann eine Strahlentherapie vor der OP haben.
Gezielte Bestrahlung beim Rektumkarzinom oder fortgesetzte Chemotherapie dienen in weit fortgeschrittenem Stadium palliativen Zwecken: Sie helfen dann, krebsbedingte Beschwerden zu lindern.
Womit bei der Strahlentherapie von Krebs des Enddarms zu rechnen ist
Eine Radiotherapie mit ionisierender Strahlung kann heute sehr zielgenau erfolgen, um benachbartes gesundes Gewebe so weit wie möglich zu schonen. Denn gerade Darmschleimhaut reagiert sensibel und Sorgfalt ist hier besonders wichtig. In ambulanten Einzelterminen erhalten Betroffene wenige hochdosierte oder mehrere niedrigdosierte Bestrahlungen.
Während und kurz nach den Sitzungen können Übelkeit, Hautreizungen, Darmentzündungen und Durchfälle auftreten, die alle wirksam zu bekämpfen sind. Der wichtigste Effekt der neoadjuvanten Strahlenterhapie wirkt aber noch nach: Erst nach mehreren Wochen wird die Wirkung auf die Krebszellen so richtig sichtbar und der Tumor ist stark genug geschrumpft für die Operation.
Als langfristige Nebenwirkung kann die Fortpflanzungsfähigkeit bleibend beeinträchtigt sein.
Ablauf und Nebenwirkungen der Chemotherapie gegen Enddarmkrebs
Zytostatika sollen starkes Zellwachstum hemmen, was sie im gesamten Körper tun – in allen Geweben, die sich häufig erneuern, wie Haut, Schleimhaut und Blutzellen. Krebszellen teilen sich aber besonders schnell und besonders oft und sind deshalb noch empfindlicher für die Effekte der Chemotherapie als gesunde Zellen.
In der Regel werden beim Rektumkarzinom bewährte Kombinationen aus wenigen Wirkstoffen angewandt: Fluorouracil, Folinsäure und Capecitabin, Oxaliplatin und Irinotecan. Sie werden als Infusion oder Tabletten verabreicht und wirken insgesamt ähnlich gut, unterscheiden sich aber in der Verträglichkeit und den individuellen Ansprechraten.
Chemotherapie ist eine Behandlung über Wochen in wiederholten Zyklen mit Erholungspausen dazwischen. Magen-Darm-Beschwerden, Nervenschäden, Hautprobleme und Haarausfall bis zu Blutbildveränderungen sind mögliche Nebenwirkungen. Die meisten sind inzwischen recht gut zu managen. Ganz nebenwirkungsfrei kommen die meisten Patient:innen aber auch heute in der Regel nicht durch eine Chemotherapie.