Baby trotz Krebs?

Sexualität und Kinderwunsch bei Lungenkrebs

Mit einer Krebsdiagnose verändert sich alles – auch vermeintliche Nebenschauplätze wie Partnerschaft, Sexualität und Lust. Lungenkrebs kann nicht nur Probleme beim Sex, sondern auch tiefgreifende Fragen zur Familienplanung aufwerfen.

Von Nica Trappe 14.04.2024 · 10 Uhr
Mit einer Krebsdiagnose verändert sich alles – auch vermeintliche Nebenschauplätze wie Partnerschaft, Sexualität und Lust. | © AdobeStock_493710222
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Nach der Diagnose Lungenkrebs (Bronchialkarzinom) kreisen die Gedanken und Gespräche oft vor allem um belastende Symptome, Therapieverfahren und Heilungsaussichten. Gleichzeitig wirkt sich die Erkrankung auch auf Lebensbereiche aus, die seltener zur Sprache kommen – etwa die Sexualität.

So erleben zahlreiche Lungenkrebs-Betroffene sexuelle Funktionsstörungen infolge der körperlichen und psychischen Belastungen. Gleichzeitig fällt es vielen schwer, über ihre Probleme, aber auch über Wünsche und Befürchtungen zu sprechen.

Wie hängen Lungenkrebs und Probleme beim Sex zusammen?

Die Sexualität jedes Menschen steht unter verschiedenen körperlichen und seelischen Einflüssen: Hormone, Nervensystem und Sexualorgane spielen dabei eine ebenso große Rolle wie Gefühle und kulturelle Prägungen.

So sind es nicht selten psychische Faktoren wie Angst, Sorge, Scham oder Verunsicherung, die zu sexuellen Funktionsstörungen bei Lungenkrebs-Betroffenen beitragen. Bei vielen geht die Lust auf Erotik und Sinnlichkeit infolge der Diagnose vorübergehend oder langfristig verloren.

Auch die körperlichen Veränderungen durch die Lungenkrebs-Erkrankung und ihre Therapie können sich auf das Sexualleben auswirken. Zwar sind nicht – wie etwa bei Hoden- oder Gebärmutterkrebs – die Sexualorgane selbst betroffen.

Aber die Erkrankung zehrt an den Kräften; nicht nur der Appetit auf Essen, auch die Lust auf Intimitäten kann darunter leiden. Darüber hinaus können sich Behandlungen wie Chemotherapie auf die Fruchtbarkeit auswirken. Das gilt sowohl für Frauen als auch für Männer.

Lungenkrebs und sexuelle Dysfunktion bei Männern

Bei Männern mit einer Krebserkrankung kommt es im Allgemeinen vermehrt zu sexuellen Funktionsstörungen wie

  • Erektionsprobleme (erektile Dysfunktion)
  • Störungen der Ejakulation
  • Einschränkung der Fruchtbarkeit

Körperliche und psychische Ursachen sind dabei oft eng verzahnt. Damit beispielsweise eine Erektion entsteht, müssen das Nervensystem, die Blutgefäße und chemische Botenstoffe des Körpers zusammenarbeiten. Bestimmte Medikamente, geschädigte Nerven, mangelnde Durchblutung und Gefühle wie Stress, Trauer oder Angst können den Prozess blockieren.

Auch Medikamente, welche die Nebenwirkungen der Lungenkrebs-Therapie abfedern sollen, haben eigene Nebenwirkungen: So können sich etwa Arzneimittel gegen Übelkeit und Brechreiz (Antiemetika) auf den männlichen Hormonhaushalt und somit auf die Sexualität auswirken.

Lungenkrebs und sexuelle Funktionsstörungen bei Frauen

Frauen mit der Diagnose Lungenkrebs durchleben oft ein Wechselbad der Gefühle – und auch ein schwankendes Bedürfnis nach körperlicher Nähe und Intimität. Oft lassen Ängste, Sorgen um die Angehörigen und die eigene Zukunft die Lust auf Sexualität in den Hintergrund treten.

Auch körperliche Veränderungen durch die Krebserkrankung und -therapie wirken sich auf die weibliche Lust und Sexualität aus. Chemotherapien können etwa die Eierstöcke in ihrer Funktion beeinträchtigen.

Das ist nicht nur für Lungenkrebs-Patientinnen mit Kinderwunsch relevant: Die Eierstöcke produzieren auch Geschlechtshormone wie Östrogen, Progesteron und (in geringerem Ausmaß) Testosteron. Sinken die Hormonspiegel, nimmt in der Regel auch die sexuelle Lust ab; gleichzeitig können Symptome wie Scheidentrockenheit und vermehrte Entzündungen im Vaginalbereich auftreten.

Probleme beim Sex hängen bei Lungenkrebs-Patientinnen aber manchmal auch nur indirekt mit der Erkrankung zusammen. So empfinden viele Betroffene eine starke Müdigkeit und Erschöpfung (Fatigue), die sowohl der Tumor selbst als auch kräftezehrende Therapien verursachen können.

Anderen machen vor allem therapiebedingte Nebenwirkungen wie Haarausfall und Hautprobleme zu schaffen, die sich negativ auf das Körperbild auswirken.

Was hilft bei sexuellen Problemen bei Krebs?

Sexuelle Funktionsstörungen bei Lungenkrebs und anderen Krebserkrankungen sind sehr individuell in ihren Ursachen und Auswirkungen. Einige Betroffene machen sich Sorgen um ihre ohnehin durch die Erkrankung oft belastete Paarbeziehung. Manche Alleinstehende befürchten, dass sie mit ihrem „Problempaket“ nun keinen Partner oder keine Partnerin mehr finden.

Das Wichtigste ist, dass Sie mit Ihren Sorgen und Herausforderungen nicht allein bleiben. Folgende Maßnahmen können dabei helfen, sexuelle Probleme bei Lungenkrebs zu überwinden:

  • Sprechen Sie mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt. Symptome wie Lustlosigkeit, erektile Dysfunktion oder Scheidentrockenheit müssen Ihnen nicht unangenehm sein. Möglicherweise lassen sie sich auf bestimmte Medikamente zurückführen, deren Wirkstoff oder Dosierung sich anpassen lässt.
  • Gehen Sie dies aber immer nur mit enger ärztlicher Rücksprache an! Gerade bei Gesprächen, bei denen Sie sich ein wenig nervös fühlen, ist es oft hilfreich, sich die Fragen im Vorfeld zu notieren – so vergessen Sie in der Aufregung nichts.
  • Wenn Sie in einer Partnerschaft sind, versuchen Sie, offen über Ihre Gefühle, Wünsche und Probleme beim Sex zu reden. Vieles fühlt sich leichter an, wenn es erst einmal ausgesprochen ist. Im nächsten Schritt können Sie gemeinsam daran arbeiten, Ihre Sexualität wiederzuentdecken.
  • Teilen Sie zum Beispiel Ihre erotischen Fantasien miteinander, versuchen Sie eine Partnermassage oder überlegen Sie sich Stellungen und Praktiken, die sich für Sie körperlich und mental angenehm anfühlen. Das können andere sein als vor der Diagnose – vielleicht erweitert sich so auch Ihr Gefühls- und Erfahrungshorizont.
  • Tun Sie sich und Ihrem Körper möglichst viel Gutes. Ein positives Gefühl und Wohlwollen Ihrem Körper gegenüber ist auch bei Lungenkrebs möglich – und wichtig! Gönnen Sie sich angenehme Bäder, Massagen oder Saunabesuche, wenn Sie dabei gut entspannen können.
  • Sanfter Sport, der an die Belastbarkeit Ihrer Lunge angepasst ist, tut dem Körper, der Psyche und auch der Sexualität gut. Das gilt auch für gutes Essen, das den Körper bei Kräften hält. Besonders wichtig bei Lungenkrebs: Hören Sie spätestens jetzt mit dem Rauchen auf!

Wenn Sie weitere Unterstützung benötigen, zögern Sie nicht, sich Hilfe zu suchen. So kann zum Beispiel eine Psychotherapie für Krebspatient:innen hilfreich sein, um mit der Lungenkrebs-Erkrankung und auch ihren Auswirkungen auf die Sexualität umzugehen. Besonders erfahren sind speziell durch die Deutsche Krebsgesellschaft zertifizierte Psychoonkolog:innen. Konkrete Fragen zur Sexualität sind auch in einer qualifizierten Sexualberatung (zum Beipsiel bei Pro Familia) gut aufgehoben.

Lungenkrebs und Kinderwunsch

Insbesondere für junge Lungenkrebs-Betroffene ist die Frage nach dem eigenen Kinderwunsch und der Familienplanung ein sensibles Thema. So fragen sich Männer mit einem Bronchialkarzinom womöglich, ob sie nach der Behandlung noch Kinder zeugen können. Bei jüngeren Frauen steht die Frage im Raum, ob sie noch schwanger werden können – und ob das überhaupt eine gute Idee ist.

Längst nicht jede Lungenkrebs-Behandlung führt zu einer Unfruchtbarkeit. Tatsächlich können aber die Fortpflanzungsorgane Schaden nehmen – etwa bei einer hochdosierten Chemotherapie oder einer Strahlentherapie, die auch den Beckenbereich betrifft.

Wenn bei Ihnen ein Kinderwunsch besteht, sprechen Sie am besten bereits vor Therapiebeginn mit Ihrem ärztlichen Team darüber. Trauen Sie sich, Ihre Fragen, Ängste und Bedenken auszusprechen.

Oft lässt sich nicht sicher voraussagen, ob die Fortpflanzungsfähigkeit leidet und wann sie wieder besteht. Aber mit einer guten Beratung lassen sich bei Bedarf vorbeugende Maßnahmen treffen:

  • Bei Männern mit Krebs und Kinderwunsch gibt es die Option, ein Spermadepot einzufrieren, wenn absehbar ist, dass die Spermienqualität leiden könnte. Das eröffnet die Möglichkeit, später durch eine Samenübertragung (Insemination) oder eine künstliche Befruchtung Kinder zu zeugen.
  • Für Frauen gibt es spezielle Medikamente, die die Eierstöcke für den Zeitraum der Therapie „ruhigstellen“ und so vor Schäden etwa durch die Zellgifte der Chemotherapie schützen können. Ob und wie das am besten funktioniert, ist aber noch nicht vollständig erforscht.
  • Außerdem besteht die Option, Eizellen oder Teile der Eierstöcke einzufrieren (Kryokonservierung), um eine spätere künstliche Befruchtung zu ermöglichen.

Speziell mit den Herausforderungen von Kinderwunsch bei Krebs-Betroffenen befasst sich zum Beispiel das FertiPROTEKT Netzwerk e.V.

Wichtig: Während einer Strahlentherapie oder einer medikamentösen Tumortherapie sollten Sie eine Schwangerschaft auf jeden Fall vermeiden und sicher verhüten – auch dann, wenn Sie aktuell Ihre Periode nicht bekommen.

Das ungeborene Kind könnte durch diese Therapien Schaden nehmen. Besprechen Sie bei bestehendem Kinderwunsch den Zeitpunkt unbedingt mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt.

Zusammenfassung Lungenkrebs verändert das ganze Leben – auch die Sexualität. Viele Betroffene erleben sexuelle Funktionsstörungen, Libidoverlust und andere Probleme beim Sex. Ein offener Umgang in der Partnerschaft und mit dem ärztlichen Team kann dabei helfen, die eigene Sexualität neu zu entdecken. Lungenkrebs-Betroffene mit Kinderwunsch sprechen diesen am besten bereits im Vorfeld der Behandlung an.

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